Um die ländliche Gegend im Norden Argentiniens kennen zu lernen, machten wir uns mit einen Kurzstreckenflug auf nach Salta. Riesige Berge mit weißen Spitzen türmten sich auf, ganz aufgeregt landeten wir und bezogen unsere kleine Wohnung. Salta wirkte im Gegensatz zu Buenos Aires eher verschlafen. Kleine flache Häuser mit abgebröckelter Außenfassade, bunt bemalte Eingänge und kleine Kioske und Läden ließen die Stadt zusammen mit der Bergkulisse charmant wirken.
Am ersten Tag sahen wir uns den kleinen Stadtplatz an und das Museum für Höhenarchäologie. Hier erfuhren wir vieles über die in den Anden verankerte Inkakultur und mehr über deren grausamen Rituale. So wurden Kinder die als besonders schön galten nicht selten Opfer einer Zeremonie die tödlich endete. Nachdem diese einen giftigen Trunk zu sich nehmen mussten, wurden sie auf enormer Höhe begraben. Drei dieser 500 Jahre alten Mumien können heute noch in Salta bestaunt werden. Sie zählen zu den am best erhaltensten dieser Welt. Wir waren verblüfft wie gut die Haare, die Haut und die Kleidung zu sehen war. Zum Abendessen wurde uns ein einheimisches Restaurant empfohlen. Also gingen wir um sieben dort hin. Wo bei uns um diese Zeit schon reges Treiben herrscht, ist hier gähnende Leere angesagt. Der Besitzer des Restaurant erklärte uns, dass wir viel zu früh hier sind und das Abendessen, wie wir schon in Buenos Aires festgestellt haben, erst ab neun Uhr abends zelebriert wird. Dann musste (leider) erst ein Kännchen Wein herhalten bis wir Humitas, ein Maisbrei mit Füllung und Locra, ein traditioneller Eintopf, unseren Hunger stillte. Das Essen war so lecker und so günstig, dass wir die nächsten Tage zu Stammgästen wurden, was auch sicherlich mit dem herzlichen Kellner zu tun hatte.
Endlich war es an der Zeit die Natur Argentiniens zu entdecken. Mit einer organisierten Bustour ging es flott über Stock und Stein früh am Morgen Richtung Jujuy. Die Bilder im Internet sahen schon toll aus, aber in echt waren die Eindrücke noch viel schöner. Kaum in Bilder einzufangen ist die unglaubliche weite Landschaft. Nach nicht einmal einer Stunde Autofahrt änderte sich die Umgebung von einer grüne Steppe in eine Duschungellandschaft auf rund 2000 Meter Höhe. Immer mehr und mehr ging es, nach einem kurzen Tortilla Essensstopp, in die Höhe. Meterhohe Kakteen schmückten die Berghänge jetzt und waren zusammen mit den teilweise grün, rot und gelbgefärbten Sandstein der Berge, ein wahnsinnig schöner Anblick. In flotten Kurven ging es über die Straße Names Cuesta de Lipán bis auf den höchsten Punkt mit 4170 Metern. Mit viel Respekt saßen wir bereits im Auto, als die gefühlt ewige Fahrt nach oben nicht enden wollte und unser Kopf immer schwerer und schwerer wurde. Es fühlte sich so an, als wenn ich eine Woche nicht mehr geschlafen hätte. Bei dem Aussteigen zum Aussichtpunkt war das Atmen außerdem deutlich schwerer und das Bedürfnis sich wieder in den gemütlichen Bus zu sitzen wurde mehr. Kopfschmerzen machten sich bemerkbar, hielten sich jedoch zum Glück in Grenzen. Andere Mitfahrer hatten es da nicht ganz so leicht. Eine Mitfahrerin musste sich sogar übergeben. Ob es an der Höhe oder dem turbulenten Fahrstil lag, kann nur vermutet werden. Am höchsten Punkt begrüßte uns, wer er sich nannte, der Teufel des Faschings. Schnell einen Schnappschuss und schon ging es mit dem Bus wieder bergab. Nach einer gigantischen Aussicht auf über 4000m Höhe folgte schon das nächste Highlight. Die Salinas Grandes, eines der größten Salzfelder dieser Welt. Von der Ferne sahen diese aus, als wenn Schnee den Boden bedecken würde. Um so näher wir kamen, umso mehr sahen wir die wunderschönen, glänzend weißen, in Fünfecken geformten Salzfelder. Wie in einer andere Welt sah es hier aus. Fast zu kurz war unser Stopp, schnell ein paar Bilder um den Moment für später festzuhalten und schon düsten wir wieder über den hohen Pass Richtung Stadt Salta. Unser letzter Zwischenstopp war Purmamarca. Auf dem Weg dorthin versuchte ich wach zu bleiben , jedoch machte mir die Höhe so zu schaffen, dass ich nur mit einem Nickerchen diese kleine Stadt erreichte. Umgeben von bunten Bergen sah diese Stadt aus, wie aus einem Westernfilm. Der Ort selber war definitiv nur für den Tourismus eine Anlaufstelle und so wurde uns der ganze Trubel, trotz toller Umgebung, schnell zu viel. Nach dem Essen von Quinoabrätlingen und selbst gemachter Limonade und dem Probieren der in Argentinien bekannten Alfajores traten wir die Heimreise an. Alfajores sind Kekse die mit Dulce de leche, einer Art Karamelcreme, gefüllt sind. Diese Creme ist hier so populär, wie unser Nutella zu Hause. Obwohl in Salta an diesem Tag ein Karnevalspektakel stattfand, verbrachten wir diesen Abend lieber erschöpft in der Wohnung und tauschten uns über das Erlebte aus.
Die nächsten Tage sollten noch spannender werden, denn wir mieteten uns ein Auto um die Umgebung selbst zu erkunden. Die nächsten Tage bestanden aus einigen Stunden Autofahrt und dem ständigen Staunen über die unreale Umgebung Argentiniens. Wir fuhren über die Passtraße names Cuesta del Obsibo, auf über 3300m Höhe. Über etliche Kurven und Schotterstraßen, vorbei an teils weggespülten Abschnitten und dem Überqueren von kleinen Bächen, mit unserem nicht gerade Outdoor geeigneten Auto, erreichten wir den höchsten Punkt unserer Fahrt. Sehr abenteuerlich fühlte sich der Weg dort hin an und ich kam als Beifahrerin ordentlich ins Schwitzen, wenn ich bei dem Fahren der engen Kurve nach unten blickte und mit klar wurde, dass hier keine Fahrfehler erlaubt sind. Oben angekommen sahen wir eine riesige, saftig grüne Hochebene. Hier fühlten sich wilde Guanacos, eine Stammform der uns bekannten Lamas sehr wohl. Nach kürzester Zeit veränderte sich die Landschaft in eine kargere Umgebung. Immer mehr Kakteen waren zu sehen und immer höhere Berge zeigten sich im Hintergrund. Später erfuhren wir, dass diese über 6000 Meter hoch waren. Wir machten einen kurzen Stopp im Nationalpark Los Cardones. Die Größe der Kakteen waren erstaunlich, auch die unendliche Anzahl der stacheligen Pflanzen war mit dem Auge kaum einzufangen. Der Tag endete in einem kleinen Ort Names Payogasta. Unsere Unterkunft war ein wunderschönes Gebäude mit einem tollen Innenhof, der uns eine Aussicht auf die felsigen Giganten ermöglichte. Da der Hunger groß war, machten wir uns auf in das nur einen Katzensprung entfernte Dorf. Der von unserem Gastgeber angepriesene Markt, stellte sich als ganz kleines Dorffest heraus. Hier verschlug es sicherlich nie Touristen, da waren wir uns einig. Einheimische tanzten mit weißen Tüchern in der Hand zur Folkloremusik, Kinder spielten mit Farbe und Sprühschaum (den auch wir schnell abbekamen) und die Erwachsenen saßen an den Plastiktischen- und Stühlen und unterhielten sich rege. Ziemlich fehl am Platz kamen wir uns vor. Wir wurden wie in Indien deutlich für unser Aussehen angestarrt, was sich nicht besonders gut anfühlte. Wir hatten jedoch Hunger, also kauften wir uns schnell etwas. Ein altes Ehepärchen drückte uns Humitas und Empanadas in die Hand. Ihre Hände sahen so aus, als wenn sie nie Wasser gesehen hätten und der Mann kaute energisch Kokablätter, dass diese fast auf unser Essen fielen. Schnell aßen wir unsere Snacks und hofften davon nicht krank zu werden und verließen diesen Ort. Ein authentisches Erlebnis war dieses Mittagessen, das kann definitiv gesagt werden. Das Abendessen war schon mehr nach unserem Geschmack. In unserer Unterkunft gab es selbstgemachtes Brot, Käse und Wein, der aus dem hauseigenen Anbau stammte. Wir lernten außerdem ein nettes Pärchen aus Salta kennen, die eine Motorradtour machten. Der Schlaf war in den alten und dicken Gemäuern, aufgrund der natürlich Kälte, einmalig und zufrieden verließen wir diesen Ort in das etwas weiter entfernte Cafayate.
Die aufregende Passstraße musste hier nochmals überwunden werden. Auch der Weg nach Cafayate war ein Traum. Vorbei an roten, felsigen Formationen Names Garganta Del Diabolo, Anfiteatro, Obelisco, Los Castillos und Los Médanos brauchten wir, durch die vielen Fotosstopps, doppelt so lange als geplant. Das Finden der Bleibe war nach der sechsstündigen Autofahrt außerdem eine kleine Zerreißprobe für mich. „Hier soll es zur Unterkunft gehen?“ fragte ich Flo, als wir mit dem Auto vor dem Abgrund mit dem Blick auf einen Fluss standen. Gott sei Dank fanden wir noch eine andere Straße die dort hin ging. Diese war so felsig, dass wir nur beten konnten nicht mit dem Auto aufzusetzen, aber immerhin es war eine Straße. Auch die Fahrt zum Abendessen war von keiner großen Freude, jedoch war der Hunger zu groß. Mit einer riesige Portion Schnitzel Milanese, die für eine ganze Fußballmannschaft gereicht hätte, schlossen wir diesen Tag ab.
Tag drei unseres Roadtrips verbrachten wir mit einer kleinen Weinprobe und der Fahrt nach San Carlos. Hunderte von Weinreben erstreckten sich in dieser Landschaft. Wie die letzten Tage hatten wir auch hier wieder ein charmantes altes Haus zum übernachten und kamen bei dem Frühstück in den Genuss von selbstgemachten Nussbrot und Marmelade. Was genau die richtige Stärkung für unseren langen Weg zurück nach Salta war.
Jetzt heißt es schweren Herzens Abschied nehmen vom Norden Argentiniens und alle sieben Sachen packen. Eine zwanzigstündige Busfahrt nach Mendoza und Zwischenflüge wartet auf uns. Wir melden unser wieder in Chile. Das sportliche Abenteuer Patagonien beginnt bald und wir freuen uns auf einen Besuch von zu Hause.
Hier gibts die Bilder zur Geschichte
Interessante Fakten
- Salina Grandes ist die drittgrößte Salzwüste dieser Welt mit einer Fläche von mehr als 210 Quadratkilometer.
- Die Salzwüste liegt auf einer Höhe von 3450m über den Meeresspiegel.
- Die Fahrt von Salta aus führt über den Pass Cuesta de Lipán. Der höchste Punkt ist 4170m.
- Die Höhenunterschiede (vor allem auf so kurze Zeit) können zu Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel, Müdigkeit und einer schnelleren Herzfrequenz führen. Die schlimmsten Folgen einer Höhenkrankheit sind das Lungen bzw. Hirnödem und Koma.
- Um die körperlichen Beschwerden zu verringern ist ein langsamer Aufstieg bzw. eine Akklimatisierung notwendig. Auch die körperliche Fitness spielt eine Rolle.
- Der höchste Berg Argentiniens bzw. Amerikas ist der Aconcagua mit 6962m und gehört zu den Seven Summits dieser Erde.
- Der Nationalpark Los Cardones befindet sich auf einer Höhe zwischen 2700-5000m. Die Kakteen hier sind bis zu zwölf Meter hoch und können bis zu 300 Jahre alt werden.
- Während der Fahrt durch den Norden Argentiniens werden die verschiedenen Klimazonen auf kürzeste Zeit sichtbar. Dschungel (Selva), Halbwüste (Prepuna) und Wüste ( Puna) zeigen sich im Kontrast. Das Klima lässt sich in eine Trocken- und Regenzeit, wie in vielen anderen Ländern, unterschieden. In der Trockenzeit ist es in Argentinien angenehm kühl, in der Regenzeit ist es schwül warm.
- Der Norden von Argentinien ist für seinen Weinanbau seit dem 16. Jahrhundert, bekannt. Die so genannte Routa del Vino ist eine tolle Möglichkeit die Weinkultur dort kennen zu lernen und eine am Straßenrand gelegene, traditionelle Bodega (Weinausschank) zu besuchen.
Das Mieten eines Autos für die Routen rund um Salta und Jujuy können empfohlen werden. Die Landschaften sind wunderschön und Fotostopps können so selbst gewählt werden.
In der Regenzeit sollte man sich über die örtlichen Straßenverhältnisse informieren. Teils sind Straßen durch den Regen stark geschädigt und eine Fahrt durch einen zuvor nicht vorhanden Fluss ist möglich . Für die Route 40 kann ein SUV empfohlen werden. Die Einheimischen versicherten uns jedoch, dass dies auch mit einem Kleinwagen möglich ist (Oft sind PKW nicht für diese Route versichert).
Ooh ich freu mich auch schon auf euch zwei! Hört sich abenteuerlich an!