Trotz des kalten Wetters entschieden wir uns noch weiter in den Norden zu fahren, um so das authentische ländliche Leben in Vietnam zu sehen. Also machten wir uns sechs Stunden auf den Weg nach Sapa. Busfahren Deluxe hieß es wieder einmal. Ein Schlafbus mit Betten die locker für zwei reichten und mit einer Massagefunktion versehen waren, machte die Fahrt um ein vielfaches angenehmer! Über enge kurvige Straßen ging es die letzten Kilometer steil bergauf. Die Sonne kämpfte sich heraus und wir sahen schon die ersten Reisterrassen. Wir entschieden uns für ein Bergdorf außerhalb der Stadt was rückblickend definitiv die richtige Entscheidung war. Sapa ist eine unschöne touristische Stadt die teilweise noch aus vielen Baustellen besteht, statt authentischem Essen gibt es hier Pizza, Burger und Läden mit „echten Markenklamotten“, wenn ihr versteht was ich meine.
In windes Eile waren wir in unserem Homestay. Ein ziemlich schönes Holzhaus ohne Heizung wartete auf uns. Um warm zu bleiben gab es einen offenen Kamin an dem wir uns wärmten. Neben uns ein vierjähriges Mädchen, das gerade im Glauben war ein Kongfu-kämpfer zu sein. Ohne jegliche Berührungsängste blödelten die Kleine die nächsten Tage mit uns herum. Erstaunlich wie wenig es braucht sich zu verstehen, stellten wir glücklich fest.
Am nächsten Tag mieteten wir uns einen Roller und erkundeten die Dörfer. Hier sahen wir endlich das echte Leben auf dem Land. Die Frauen trugen ihre Tracht, die aus bunten Kopftüchern, riesigen Ohrringen und Gummistiefeln bestand. Büffel grasten in den tausenden Reisterrassen, dazwischen Holzhütten, spielende Kinder, Männer die Holz hackten und Frauen die Stickereien anfertigten. Dichter Wald und Nebel umgab die Dörfer, was hier besonders schön aussah. Wir machten einen kleinen Zwischenstopp mit unglaublichem Ausblick. Pancakes und Tee gab es und schon ging es mit dem Roller über Wege die ich früher nur zu Fuß gegangen wäre. Hin und wieder saßen wir mit dem Roller auf und ich musste absteigen, Pfützen und riesige Steinbrocken machten das vorankommen nicht gerade leicht. Am Ende schafften wir es aber doch. Mit Schlamm verzierten Hosen erreichten wir das nächste Dorf. Wir wunderten uns an welche Orte überall etwas für den Tourismus gebaut wurde. Das Dorf Cat Cat ist der Horror unter den Naturliebhabern. Deshalb ging es schnell weiter ins nächste gelegene Dorf Sin Chai. Hier trafen wir einen Mann der weder Lesen noch Schreiben konnte und nur die Dorfsprache sprach. Da standen wir zu dritt schweigend nebeneinander und genossen zusammen die tolle Aussicht. Mit einem Handschlag verabschiedeten wir uns. Auf in ein noch abgelegeneres Dorf. Eingepackt mit dicken Handschuhen und drei Jacken spürten wir was es hieß im Winter in Vietnam mit den Roller unterwegs zu sein. Gott sei Dank entschieden wir uns gegen den 3 tägigen Ha Giang Loop, da uns jetzt schon die Kälte bis in die Knochen ging. Ein abgelegeneres Dorf später freute sich mein bayrisches Herz. „Hey da gibt’s einen Radi!“ erspähte ich, als wir an einem Gemüsestand vorbei fuhren. Hier mussten wir einfach einen mitnehmen. Und so gab es unter den verwunderten Blicken unserer Gastgeberin, dass wir diesen roh aßen, wie daheim später Brot mit Radi zum Abendessen.
In voller Vorfreude auf das Mittagessen ging es spontan vorbei an dem Markt in Sa Pa. „Vielleicht holen wir uns hier etwas zu essen“, sagte ich zu Flo. Fünf Minuten später sahen wir Hundeschnauzen, Nieren und diverse Innereien auf den Tischen. Mir wurde fast die halbe Fischbrühe über die Beine gegossen, als wir uns in den engen Gassen durch den Markt schlängelten und meine Nase war mehr als beleidigt. Alles andere als appetitlich, sodass uns klar war: Hier essen wir nichts! Da kam uns eine Pizzeria in der Stadt doch ganz gelegen. Mit der Hoffnung sich ein bisschen aufwärmen zu können saßen wir uns in das Restaurant. Wir stellten aber schnell fest, dass es hier eher einer Kühltruhe glich und Heizungen eine Seltenheit sind. Da saßen wir beim Italiener, eingepackt mit Jacke und Mütze mit einem warmen Tee in der Hand.
Müde und zufrieden über die heutigen Eindrücke kämpften wir uns durch den dichten Nebel nach Hause. Die Einheimischen völlig unbeeindruckt von den extrem schlechten Wetterbedingungen. Mit einer Hand Roller lenken, auf der anderen Seite das Baby halten und währenddessen das Handy eingeklemmt zwischen Ohr und Schulter zu haben, sind Anblicke die hier zur Normalität gehören. Es werden beispielsweise Bäume, Unmengen an Gemüsekisten, meterlange Metallstangen, Käfige mit Schweinen und Hühnern transportiert und dabei noch besonders grazil durch die engen chaotischen Straßen gefahren.
Treppenrutschen und Fangen spielen mit der Kleinen waren unser Abendprogramm und an diesem Tag hatte die heiße Dusche, wie schon oft, einen besonders hohen Stellenwert für uns.
Jetzt geht’s es zurück nach Hanoi und es heißt Abschied nehmen von Vietnam. Mit einem erleichterten und weinendem Auge, warum könnt ihr im Fazit lesen.
Hier gibts die Bilder zur Geschichte
Interessante Fakten
- Sapa ist die Hauptstadt der Grenzprovinz Lao Chai und liegt auf 1600 Metern Höhe.
- Die Stadt liegt im Hoang Lien Gebirge, hier liegt auch Vietnams höchster Berg der Fansipa mit 3143 Metern Höhe. Seit 2016 kann auch mit der Gondel rauf gefahren werden.
- In Sapa leben die Bergstämme Hmog, Red Dao und Tay friedlich zusammen.
- Auch Schneefall ist im Winter möglich!
Im Winter warme Kleidung einpacken!
Unterkünfte außerhalb von Sapa in den ursprünglichen Dörfern kann empfohlen werden!
Hab schon schwer auf einen neuen spannenden Bericht von euch gewartet. Sehr erlebnisreiche Tage habt ihr da hinter euch. Lieben Gruß