Wir machten uns auf den Weg nach Jaipur mit dem Zug. Der erste Eindruck vom Bahnhof in Varanasi: Ziemlich viel los, der Standard, dass einen die Leute ständig anquatschen, ob man nicht etwas braucht, Essen, Taxi oder Tuk Tuk, hier kamen auch noch Affen, die rum tollten dazu und Essen klauten. Einige Personen lagen auf dem Boden und warteten anscheinend schon Stunden auf den Zug. Die Züge hier haben nämlich immer Verspätung, das ist hier völlig normal, versicherten uns zwei Jugendliche, die uns außerdem erzählten, dass sie beide mit einem Medizinstudium beginnen möchten. Sie halfen uns, die richtige Ankunftszeit von unserem Zug herauszufinden, da die Anzeige laut Ihnen immer falsch ist. Was uns sicherlich einige verzweifelte Momente erspart hatte. Tipp nebenbei: Die App „Where is my train?“ soll sehr genau sein, was die Ab- und Ankunftszeiten betrifft, leider konnten wir diese App auf die Schnelle nicht herunterladen.
Am Bahnhofssteig gewartet kamen noch ein paar aufdringliche Gepäckträger, die wir gut abwehren konnten. Ein paar Mal nachgefragt, wo wir denn hinmüssen und schon saßen wir im Zug. Und zu unserem großen Glück neben einer Familie oder besser gesagt bei einer Familie. Diese Zugfahrt wurde zu dem ultimativen Erlebnis. Da wir mehr als 15 Stunden im Zug saßen, lernten wir uns alle schnell kennen. Die vierjährige Tochter beschäftigte uns vor allem mit Zeichnen (Flo lernte ihnen, wie ein Ottifant auszusehen hat) und ich malte der Kleinen einen Christbaum und einen Engel, damit sie etwas zum Ausmalen hatte. Schnell fand sich die Kleine im Bett von uns und hatte keine Berührungsängste mehr zu Freunden der Eltern, die sich einen Powernap gönnten und sich auf die einjährige Tochter konzentrierten. Im fünfminütigen Takt bekam diese englischen Kindersongs zu hören, die wir, wie sich vermuten lässt, selber schnell auswendig konnten. Hungern mussten wir die ganze Fahrt nicht. Wir wurden rund um die Uhr mit süßen und sauren Speisen, die die Familie mitbrachte, versorgt und einmal auf Samosas und Eis eingeladen. Wir lernten den wertschätzenden Umgang miteinander kennen und waren sprachlos. Ich bekam sogar von der Mutter ein Fußkettchen geschenkt.
Was uns auch überraschte, es war ganz normal, dass die Kinder auf den Sitzen anderer Fahrgäste saßen, hier geht es eben nicht so genau. Und das fanden wir sehr schön, da dies in Deutschland kaum vorstellbar wäre.
So anstrengend auch diese Stunden im Zug waren, so schnell sind sie vergangen und wir mussten uns leider von der lieben Familie verabschieden. Hinein in ein Chaos der Extraklasse. Hier warteten am Bahnhof von Jaipur viele aufdringliche Tuktukfahrer auf uns. Hartnäckig war vor allem einer, der uns in einer finsteren Gasse nachlief und uns anschrie, wir sollten stehen bleiben. Hier hilft nur eines, weitergehen und ein lautes NO! Mit großer Freude fanden wir unseren Taxifahrer. Unser Puls war sicherlich bei 200, als wir ein bisschen verloren zwischen Dreck, Essensständen, lauten Geschreie und aufdringlichen Leuten unsere Unterkunft erreichten. Zu unserer Überraschung stellte sich diese als ein Ruheort heraus. Eine Aussicht zum Amber Fort in Jaipur, ein Garten nur für uns und Affen, die auf den Bäumen herumtollten. Halleluja, endlich angekommen.
Von hier aus starteten wir den nächsten Tag mit einer Besichtigungstour des Forts, was sich als einer der touristischen Orte in Indien herausstellte, aber auch zu Recht. Ein paar Insta-würdige Fotos trotz fehlenden Instagram und glücklich gings nach „Hause“. Abends gabs dann noch ein romantisches Abendessen mit Ölkerzen für uns und natürlich ein extrem scharfes Essen, das den Abend darauf noch getoppt wurde.
Einen Tag darauf fuhren wir zum Hawa Mahal und trafen dort einen Mann, der uns kostenlos zu seinen persönlichen Aussichtsspot brachte. Durch ein Juweliergeschäft hindurch, hatten wir so die Möglichkeit, umsonst tolle Bilder zu schießen. Zu unserer Freunde, da wir sahen, dass Andere extra in das benachbarte Café gingen und dort sicherlich ein paar Rupies für die Aussicht zahlen mussten. Danach ging es mit einer geführten Tour durch das City Palace (da dies im Ticket inbegriffen war, außerdem muss man sich entscheiden welche Räume man sehen will und für jeden extra zahlen). Schnell ging es nicht mehr um unsere Tour durch den Palast. Unser Tourguide erzählte uns, dass Flo beispielsweise laut ihm das fünffache als selbständiger Arzt verdienen würde und sich selbst ein Fort errichten könnte. Völlig vom Thema abgekommen, warum wir hier waren, erzählte er uns seinen Plan von der Selbstständigkeit in Indien, sicherlich nicht ganz ohne Hintergedanken. Gekonnt ignoriert, endete auch diese spezielle Tour. Mit vielen neuen Eindrücken beschlossen wir es für heute gut sein zu lassen und machten uns auf den Heimweg ins Hotel. Natürlich war der Weg dort hin auch wieder besonders aufregend, nachdem wir unser Uber im Stadtchaos suchten und mir ein fremder Mann mit einer sehr feuchten Aussprache zu erklären versuchte, wie ich mich denn segnen lassen kann. Gleichzeitig drückte er mir etwas zu Essen in die Hand, das alles andere als sauber aussah und ich unauffällig auf dem Boden verschwinden ließ. Eingestiegen in irgendein Tuk Tuk stellt sich als eine nicht sehr gute Idee heraus, mit einem verschmitzten Lächeln „Whats your name, oh Claudia“ bekamen wir schon eine leise Ahnung, dass dieser Taxifahrer irgendwie nicht ganz normal ist. Er fuhr uns, wie besprochen, zum Jal Mahal, das auf dem Heimweg lag. Gerade wollten wir aussteigen, belagerte uns auch noch ein Guide, der uns eine Tour andrehen wollte. Zusammen mit dem aufdringlichen Tuktukfahrer stellte sich das Abwimmeln als eine Herausforderung dar. Das sonst so gut funktionierende „THANK YOU SIR“ klappte hier nur nach mehrmaligen betonen. Trotz Hinweis, dass der Tuktukfahrer doch bitte nicht auf uns warten solle, verfolgte dieser uns die ganze Promenade. Nach kurzen Sightseeing schafften wir es Gott sein Dank in ein anderes Tuk Tuk und konnten diese gruselige Begegnung hinter uns lassen, was auf alle Fälle mit einer großen Erleichterung verbunden war.
Der Stufenbrunnen und einige andere Tempel kamen am darauffolgenden Tag hinzu. Hier bekam Flo seinen sehnsüchtig erwartenden roten Punkt ins Gesicht gezaubert und das ganz umsonst. Ein netter Mann in unserem Alter wünschte uns Happy Diwali, mit einem Lächeln im Gesicht und reichte uns eine Art süßen Grieß in die Hand. Aus Höflichkeit aß Flo das Ganze und wir konnten weiterziehen. Wir beschlossen, uns auf dem Weg Richtung Jaigarh Fort zu machen und uns den Sonnenuntergang und die größte Kanone auf Rädern anzusehen. Auf dem Weg dort hin trafen wir einen älteren Mann, der sehr interessiert war. Er fragte uns, ob wir denn verheiratet sind und Kinder haben. Er gab Flo deutlich zu verstehen, dass es an der Zeit war für die Familienplanung. Ihn trafen wir später noch einmal und ja, er wies Flo erneut darauf hin, dass es in seiner Verantwortung steht, für Nachwuchs zu sorgen, eine sehr lustige Begegnung.
An Diwali beschlossen wir in unserem Hotel zu bleiben und wir bekamen so ein privates Feuerwerk wortwörtlich über uns zu sehen. Dieses hatte einen solchen Umfang, dass sicherlich die Polizei bei uns nach Hause gekommen wäre und sich so manch einer die Frage gestellt hätte, ob eine Bombe eingeschlagen ist. Zum Glück hatten wir uns schon die letzten Tage mehr oder weniger an den Lärm der extrem lauten Böller gewöhnt, die in Deutschland sicherlich nicht legal wären. So besonders dieses Feuerwerk war, so besonders scharf war auch das Abendessen. Wir bekamen von der Mutter der Unterkunft das Lieblingsessen der Kinder. In meiner Naivität dachte ich wirklich, es wäre nicht so scharf, aber nein, es war die Hölle. Herzrasen, Schweißausbrüche und fast Übergeben spielten sich in Rahmen weniger Minuten ab. Flo aß noch als Höflichkeit auf, während ich schon Magenkrämpfe hatte, bei denen so manch einer ins Krankenhaus gehen würde. Tipp nebenbei einer der wichtigsten Sätze in Indien: Please, not spicy! Mit Ohropax gings dann ins Bett, denn hier gibt es kein Ende, was das Feuerwerk und vor allem Böller betrifft, bis es hell wird, verrücktes Indien!
Hier gibts die Bilder zur Geschichte
Interessante Fakten
- 1 Euro entspricht etwa 91 indische Rupien (Stand November 2023).
- Bankautomaten sind in den Städten meist zu finden, es kommt jedoch immer wieder vor das diese leer sind oder nicht funktionieren.
- Du kannst an vielen Automaten höchstens 10000 Rupien also rund 110 Euro abheben.
- Um in Indien von A nach B zu kommen ist es oft sinnvoll lange im vorhin Züge zu buchen oder Busfahrten zu planen, vor allem lange Strecken sind schnell ausgebucht.
- Taxifahrten können sehr spontan gebucht werden, auch für lange Strecken. Unsere Erfahrung war jedoch , dass diese sehr überteuert sind und der Fahrstil sehr gewöhnungsbedürfitg ist.
- Fahren in Indien ist ein Abenteuer für sich es gibt zwar einen Links- und Rechtsverkehr, doch meistens wird da gefahren wo Platz ist und gefährliche Überholmanöver gehören hier dazu (oft wird auch der Seitenstreifen als „dritte Fahrbahn“ benutzt).
- Kühe, Pfaue, Elefanten, Affen und Ziegen können außerdem ganz „normale“ Verkehrsteilnehmer in Indien sein.
- Plane immer mehr Zeit ein, hier läuft oft nicht immer alles nach Plan.
Wenn du in ein Tucktuck einsteigst ohne es zuvor zu ordern, rechne damit viel mehr als „normal“ zu zahlen.
Es werden immer wieder aufdringliche Leute zu dir kommen, Sachen verkaufen wollen oder dir Touren aufschmatzen wollen, sei standhaft und höflich, „Thank you sir“ klappt meistens ganz gut.
Zu Diwali ist alles schön bunt und beleuchtet und die Leute sind äußert freundlich, jedoch ist es zu dieser Zeit auch besonders laut und in den Städten viel los, habe das immer im Hinterkopf!
Wertgegenstände können immer mitgetragen werden, natürlich solltest du vor allem in den Menschenmassen immer ein Auge drauf haben und diese gut verstauen.