Wir verbrachten zehn ereignisreiche Tage in La Paz. Angekommen an der Bushaltestelle in El Alto, der Stadt außerhalb von La Paz auf 4200 m liegend, empfing uns schon unser Taxifahrer. Es ging in ein altes Hochhaus, das für unseren Geldbeutel genau das Richtige war. Dunkle alte Möbel, ächzender Boden, ein Putzmittel, das sehr unangenehm roch, eine Dusche, die nur drei Sekunden warm war, plus ein Frühstück, das es nicht immer gab, waren Dinge, die wir gerne zum Sparen auf uns nahmen. Die ersten Tage verbrachten wir mit der Erkundung der Stadt. In jeder Ecke wuselte es nur so. Ganz anders als bei der Anfahrt sahen wir im Zentrum moderne Hochhäuser, schöne Parkanlagen, Restaurants und Geschäfte, die keine Wünsche offen ließen. Dazu kamen Hunderte von Marktständen, vor denen Cholitas die Ware an den Mann bringen wollten. Die Straßen waren außerdem gesteckt voll mit Colectivos und Taxis, sodass wir schnell im Trubel untergingen.
Was auf keiner La Paz Reise fehlen darf, ist das Fahren mit den Telefericos. Gondeln, die die Städte El Alto und La Paz miteinander verbinden und in wenigen Minuten einige Höhenmeter überwinden können. Wir fuhren also mit den Gondeln über die Stadt und ersparten uns oft das mühsame zu Fuß bergauf gehen im Smog. Die 3500 Höhenmeter in La Paz spürten wir die ersten Tage ordentlich. Da wurde das Steigen von Treppen, um ein Wasser zu holen, zu einem sportlichen Workout. Die Telefericos mitten durch die Stadt faszinierten uns. Sie wurden teilweise so gebaut, dass nur wenige Meter zur nächsten Hausmauer fehlten. Hier konnte man das bunte Treiben ganz entspannt von oben beobachten. Leute, die ihre Wäsche aufhingen, Jugendliche, die Fußball spielten, unzählige Leute, die auf den Straßen verhandelten und einfach ihren Alltag lebten. Vor allem das Ausmaß der gigantisch großen Stadt kam erst so richtig zum Vorschein, als wir uns über die Stadt kutschieren ließen. Hier wurde uns nie langweilig. Die hunderttausenden unverputzten Häuser ziehen sich beeindruckend die Berghänge hinauf und ergeben ein unglaubliches Panorama. Dazu kamen die schneebedeckten und mehr als 6000 Meter hohen Berge im Hintergrund. Die rote Teleferico Linie ist besonders schön, da hier manche Häuser bunt bemalt waren und von oben der riesige Armenfriedhof zu sehen war. Während der Fahrten kamen wir außerdem den Einheimischen näher. Da waren die aufgedrehten Schulkinder, der Vater, der seinem Sohn alles erklären musste, Leute von der Armee, die desinteressierten Teenager und alte Leute, die gerne ihr Wissen mit uns teilten.
Mittags genossen wir immer das Menü del dia und bekamen für ein paar Euro ein Gänge-Menü in einem Miniladen, wie bei Mama zu Hause. Natürlich durfte auch ein Besuch des berühmten Hexenmarktes nicht fehlen. Diese Straße im Zentrum der Stadt bestand zwar zum größten Teil aus Souvenirläden, aber eben auch aus ein paar vereinzelten und ziemlich verrückten Verkaufsständen, an denen man den hier verbreiteten Aberglauben erkennen konnte. Es werden beispielsweise Lamaföten oder Hexengetränke für jegliche Alltagsprobleme verkauft. Zudem konnte man sich dort die Zukunft voraussagen lassen, was für uns nicht infrage kam. Zu schwierig schien es hier ernst zu bleiben.
Nicht nur La Paz selbst ist extrem spannend, sondern auch die Ausflüge in der Umgebung. Wer will nicht einmal in seinem Leben über die Death Road mit dem Mountainbike brettern? Wir buchten spontan diese Tour. In einer super harmonischen Gruppe ging es erst einmal zwei Stunden bergauf bis zum Start. Auf 4700 m Höhe bekamen wir, mit Fullfacehelm und Fully-Mountainbike ausgerüstet, eine kurze Einweisung. Dann hieß es, ab die Fahrt! Das Wetter hätte besser sein können und so starteten wir im Regen und Nebel mit den ersten 1000 hm auf einer Teerstraße steil bergab. Nicht die Straße selbst war das gefährlichste, sondern die LKWs, die im dichten Nebel an uns vorbeirasten. Nachdem wir unser Bike dann besser kennengelernt hatten, ging es richtig los. Die nächsten drei Stunden hieß es richtig bremsen, nie die Vorderbremse alleine drücken, sich links halten und Gas geben zur richtigen Zeit. Die kiesige Straße bestand zum größten Teil aus großen Felsen und kleinen Bächen und Wasserfällen. Mit dazu kam die Tatsache, dass diese Straße immer abschüssig war und jeglicher Sturz fatale Folgen haben könnte. Zu diesem Thema erfuhren wir zum Glück erst etwas nach der Tour, denn nicht ohne Grund heißt diese Straße Death Road! Jede Kurve war immer ein kleiner Nervenkitzel und mit der Zeit fuhren wir immer schneller und fühlten uns trotz des exponierten Geländes wohl. Flo jedoch nur bis zu einem gewissen Punkt, denn eine kurze Unaufmerksamkeit reichte und er lag auf dem Boden. Es ist nichts passiert, jedoch jagte er mir einen extrem großen Schrecken ein. Genau eine sehr abschüssige Stelle suchte sich Flo für den Sturz aus. Zwar wurde schon einiges an Bauarbeit hineingesteckt, um Sie sicherer zu machen, jedoch sind manche Stellen ziemlich schmal, rutschig und technisch nicht einfach. Schwer vorzustellen, dass es anscheinend Touristen gibt, die diese Straße hinunterfahren, ohne zuvor auf einem Mountainbike gesessen zu haben. Ich war froh um meine Erfahrung und düste so mit vollem Karacho hinunter. Nachdem wir im herbstlich nassen Wetter gestartet waren, endete unsere Tour nach mehr als 3000 hm bergab im feuchtwarmen Dschungel. Riesige, blaue Schmetterlinge flogen an uns vorbei und es wurde immer wärmer. Nach einem kurzen anstrengenden Bergauf mit dem Rad ging es für die ganze Truppe in den Pool. Mit dabei ein Bier. Den nassen Spaß durften wir uns dann noch mit unzähligen Stechfliegen teilen, wodurch unsere Arme und Beine jetzt wie von einem Windpocken geplagten aussahen. Nach einem leckeren Abendessen hieß es wieder zurück in die Stadt La Paz, diese war mittlerweile drei Stunden von uns entfernt.
Die Tage danach sahen wir uns das Cholita Wrestling in El Alto an. Abends ging es mit einer Tour in eine bunt geschmückte Halle. Wie im Kino bekamen wir Popcorn und ein Getränk, während die Frauen und Männer ordentlich miteinander kämpften. Es knallte immer nur so, als sich eine Person auf die andere mit voller Wucht vom Rand der Tribüne schmiss. Gebannt und lachend beobachteten wir die Show immer mit einem erstaunten “ OHH, WOW und AUTSCH!“. Besonders das Ausbuhen der Bösewichte machte uns Spaß.
Auch das Valle de Luna, das Mondtal von La Paz sahen wir uns an. Diese besonderen, vom Wetter geformten Felsformationen waren wunderschön anzusehen. Ein Abenteuer war die Fahrt dort hin, denn unser Taxifahrer war wieder einmal eine Rennsemmel und Gurte gab es wie so oft natürlich nicht!
Wie man schon erahnen kann, ist La Paz ein Mekka für Bergsportler. Auch das ließen wir uns, besonders ich, nicht entgehen. Was wir hier genau erlebt haben und ob wir zu Höhenbergsteigern geworden sind, lest ihr bald! Für uns geht es jetzt auf in den Amazonas, Jipi!
Hier gibts die Bilder zur Geschichte
Interessante Fakten
- La Paz ist der höchste Regierungssitz der Welt, mit einer Höhe zwischen 3900m und 4100m (El Alto ist hier miteingeschlossen, El Alto ist jedoch mittlerweile selbstständig).
- El Alto liegt westlich von La Paz und ist eher ärmlich. Hier leben überwiegend aus den ländlichen Regionen zugezogene Personen. El Alto hat den höchstgelegensten Großmarkt der Welt mit ca. 25 Quadratkilometern Fläche.
- In La Paz leben verschiedene ethnische Gruppen. Die Aymara sind vor allem in der Region La Paz vertreten, wobei Quechua und Ayrmara vor allem in der Andenregion angesiedelt sind. Auch im Tiefland existieren verschiedenste Gruppen. Diese Gruppen haben jeweils ihre eigene Sprache.
- Der Hexenmarkt Mercado de Hechiceria zeigt die andine Kultur. Hier können Getränke und Pulver gekauft werden die beispielsweise gegen das Böse oder für die Liebe sind. Außerdem können hier die Einwohner getrocknete Lamaföten kaufen. Diese werden unter die Erde eine neuen Gebäudes eingegraben und sind ein Opfer für die Mutter Erde „Pachamama“.
- Die Yungas Straße oder auch Death Road genannt hatte jährlich ca. 300 Todesopfer bis eine neue Straße 2007 gebaut wurde. Heute wird die „alte Straße“ nur noch von wenigen Fahrzeugen befahren und vor allem für den Tourismus genutzt. Mountainbiketouren umfassen eine ca. dreistündige Abfahrt mit 65 Kilometern und 3437 Höhenmetern abwärts.
- Mi Teleférico in La Paz ist das größte städtische Seilbahnnetz der Welt mit zehn Bahnen und über 30 Kilometern Länge. Dieses Seilbahnnetz wurde von einem österreichischen Unternehmen gebaut und 2014 eröffnet.
Plane mehrere Tage ein um die Stadt genießen zu können. Eine Akklimatisation ist hier unbedingt notwendig und sollte bei der Reise zeitlich mit eingeplant werden.
Es gibt verschiedenste Ausflüge rund um die Stadt. Diese können direkt vor Ort im Zentrum der Stadt oder Online (teurer) z.B. Death Road, Wanderungen, Valle de Luna usw. ausgemacht werden.
Auf die Wertgegenstände in La Paz besonders achtgeben! Die „normalen“ Verhaltensregeln, um einen Diebstahl zu vermeiden, gelten hier. Wir fühlten uns immer sicher, waren jedoch nachts nie unterwegs.
Es soll einmal im Jahr vorkommen, dass Fakepolizisten oder Faketaxis Touristen an einem anderen Ort bringen und diese zu Geldabhebungen zwingen. Daher Vorsicht walten lassen und immer ein Radiotaxi oder UBER ordern.
Wer den Markt in El Alto sehen will muss Donnerstags oder Sonntags hin.
Bei dem Buchen von Touren immer die Rezensionen lesen, manche Tourenanbieter legen weniger Wert auf Sicherheit.