Um Chile hinter uns zu lassen, entschieden wir uns für eine Überquerung der Anden mit einer geführten Jeeptour. Von San Pedro aus ging es innerhalb von 40 Minuten von 2500 m auf 4600 m. Die Wüstenlandschaft änderte sich rapide. Und schneller als wir sehen konnten, standen wir im Winterwonderland. Die Straßen waren vereist und die 5000 bis 6000 Meter hohen inaktiven Vulkane zeigten sich in der Sonne von ihrer besten Seite.
Die Fahrt zur Grenze war nicht ganz einfach. Denn die Grenzpolizisten vergaßen den Schlüssel für den Schranken in San Pedro, weshalb sich eine riesige Schlange Autos und ein Haufen ungeduldiger Touristen gebildet hatten. Zum Glück war unsere Taxidame hobbymäßig eine Rallyefahrerin und überholte beim „Startschuss“ jeden mit Menschen voll beladenen Van. An der Grenzkontrolle ging es ein bisschen ernster zu, was sicherlich auch der Tatsache geschuldet war, dass auf dieser Route illegale Substanzen gerne geschmuggelt werden, wie uns später Fahrer Eddy erzählte. Mit ernster Mime wurde erklärt, dass wir erst aussteigen dürfen, wenn es uns gesagt wird und dann nur das Notwendigste mitgenommen werden soll. Alles gut gegangen und nach einer halben Stunde waren wir offiziell in Bolivien eingereist! Jipi!
Eddy, ein 26-jähriger Landsmann aus Bolivien, begrüßte uns mit Hola Chicos. Qué tal? Im Nebel starteten wir in beträchtlicher Höhe und sahen uns die Laguna Blanca an. Hier waren bereits Flamingos, die in der aufgehenden Sonne über den See flogen. Im Hintergrund die riesigen schneebedeckten Vulkane. Eddy reichte uns Kekse mit Queso und Wasser. Diesen Mann muss man gleich ins Herz schließen, dachte ich mir. Heute stand einiges auf dem Programm. Vorbei an der Laguna Verde, die durch den hohen kupfergehalt giftig ist und uns eine tolle Spiegelung der umliegenden Berge zeigte, auf zum Valle de las Damas wo die Sonne so richtig herunterbrannte. Aufgrund der Höhe (5000 m) wurde es aber gar nicht so warm. Das Mittagsziel waren die Aguas Termales. Diese dreißig Grad warmen Becken waren ein cooler, aber auch ziemlich überlaufener Badestopp vor dem Essen. Anders sah es da schon wieder aus, als wir nach einer Stärkung mit Matetee uns auf den Weg zu den Sol De Manana machten. Dieses geothermale Gebiet lag auf 4850 m und weist etliche Geysire, Schlammlöcher und Fumarolen auf, die so laut waren, dass es das Beste wäre, mit einem Gehörschutz herumzulaufen. Eddy, was machst du da? Dachte ich mir, als unser junger Reiseleiter einfach die Absperrung passierte. Winkend forderte er uns auf, ihm zu folgen. Widerwillig taten wir das. Zwischen den 200 Grad heißen, wie in der Hölle brodelnden Schlammlöchern, vorbei an etlichen, laut pfeifenden Schwefelhöhlen, tasteten wir uns durch das Gebiet mithilfe von kleinen Schritten. Ein mulmiges Gefühl war es jedes Mal, als der Boden nachgab, wenn wir einen Schritt nach vorne gingen. Die nur wenige Zentimeter entfernten Dampflöcher machten es extrem aufregend. Hier sollte lieber niemand stolpern! Der Schwefel roch unerträglich nach verfaulten Eiern und versperrte uns immer wieder die Sicht. Mit Herzklopfen und fast blind folgte ich den zwei Jungs und war mehr als froh nach diesen zehn Minuten wieder hinter der Absperrung und im Auto zu sitzen.
Ein Highlight jagte das Nächste und so fuhren wir zur Laguna Colorada, die für mich zu den absoluten Highlights der Tour zählte. Dieser satt rot gefärbte See war unglaublich und nicht in Worte zu fassen. Noch nie hatten wir so etwas gesehen. Und weil diese absurden und besonderen Farben nicht reichten, spazierten etliche Vicunjas, Flamingos und Enten neben der Lagune umher. Vorbei an der Desierto Siloli, mit deren besonderen Felsformationen, sahen wir noch die wahrscheinlich süßesten Wüstenbewohner in Südamerika, Viscachas und erreichten das höchste Hotel der Welt Tayka Del Desierto auf 4500 m. Nach einem unglaublich guten Essen ging es für uns noch raus in die Nacht. Ein riesiger Sternenhimmel und die Milchstraße waren direkt über uns. Wir konnten unser Glück kaum fassen. Leider schlug die Höhenkrankheit diesmal bei Flo richtig zu. Die Details ersparen wir euch, aber eine schlaflose Nacht folgte. Ich war komischerweise „nur“ mit Herzrasen und leichter Kurzatmigkeit geplagt.
Der nächste Tag führte uns wieder über die steinigsten und sandigsten Straßen, die man sich vorstellen kann. Unser Auto hatte manchmal eine solche Steillage, dass das Gewicht verlagern auf die gegenüberliegende Seite, um nicht um zu kippen, ganz automatisch passierte. ABER Eddy hatte die Tage immer alles im Griff. Nur das Anschnallen lag ihm nicht besonders am Herzen. Da war es ganz super, dass wir immer die coolsten südamerikanischen Hits lautstark hörten (außer Enrique Iglesias) und so das permanente Anschnall-Gepiepse nur selten wahrnehmen konnten. An diesem Tag fuhren wir zur Laguna Ramatidas, Honda, Charkota, Hedionda, Chullunkani und hatten die Möglichkeit, den Flamingos ganz Nahe zu kommen. Tausende waren in dieser Umgebung und auch die Aussichten waren wieder der absolute Oberhammer. Zum Abschluss ging es über das Valle de Rocas über San Cristobal und vorbei an einem sehenswerten Zugfriedhof in Uyuni. Von den Eindrücken der letzten Tage völlig baff, hieß es nächtigen in einem Salzhotel. Ihr habt richtig gehört! Unsere Betten, die Wände, Tische, Stühle und vieles mehr sind hier mit Salzziegeln gebaut (dies wurde natürlich mit einer kurzen Geschmacksprobe getestet – wir hoffen immer noch, das macht nicht jeder, Igitt!).
Das Programm der letzten Tage konnte sich sehen lassen. Ohne Eddy wäre dies kaum möglich gewesen. Einerseits aufgrund der Höhe, die wir deutlich spürten und andererseits weil hier kaum befestigte Straßen existierten. Auch das Fahren ohne GPS kann schnell zur Vollkatastrophe werden und ist definitiv nicht zu empfehlen. Die Eindrücke der letzten Tage waren für uns unbeschreiblich. Ein Wort wird dem gerecht: Wahnsinn! Wir verbrachten die Tage mit offenem Mund, nassen Augen und einem breiten Dauergrinsen und sind unglaublich dankbar für dieses Jahr.
Hier gibts die Bilder zur Geschichte
Interessante Fakten
- Bolivien hat die Währung Bolivianos. Acht Bolivianos entsprechen einem Euro.
- Der höchste Berg/Vulkan Boliviens ist 6542m hoch und trägt den Namen Sajama.
- Die Hasenmäuse oder auch Bergviscachas genannt gehören zu der Familie der Chinchillas und leben auf bis zu 5000m Höhe. Die Weibchen haben eine Tragzeit von bis zu 140 Tagen und bekommen meist nur ein Jungtier. Die Lebenszeit beträgt meist nur drei Jahre. Sie werden teilweise wegen ihrem Fell und ihrem Fleisch gejagt.
- Es gibt Lagunen die aufgrund des Kupfergehalts toxisch sind. Hier sind wenig oder keine Tiere zu sehen. Die rote Färbung der Lagunen ist bedingt durch Algen die vor allem bei stärkerem Wind und Sonnenschein besonders intensiv zu Geltung kommen.
- In San Cristobal ist die größte Bleimine Boliviens. In der Stadt Potosi wird Zinn, Kupfer und Silber abgebaut. Es werden weiterhin die harten Arbeitsbedingungen im Bergbau beschrieben und eine damit einhergehende geringe Lebenserwartung der Arbeiter.
Eine Jeeptour kann vorab oder spontan in San Pedro/Uyuni gebucht werden. Hier sollte auf den Anbieter geachtet werden, da in der Recherche Beschreibungen kursieren über alkoholisierte Fahrer oder gefährlichen Fahrstil.
Jeeptouren starten ab 2 Tagen bis zu 4 Tage, alleine oder in einer Gruppe. Zur Grenzüberquerung nach Bolivien muss der Pass, eventuell eine Gelbfieberimpfung vorgelegt werden. Manchmal muss auch ein kleiner Betrag in der jeweiligen Währung bezahlt werden.
Aufgrund der Höhe muss mit jedem Wetter gerechnet werden. Schlechte Wetterbedingungen können zu dem Ausfall einer Tour führen oder Änderungen der Route mit sich bringen.
Mit dem richtigen Geländewagen kann eine eigene Fahrt unternommen werden. Wir würden aber aufgrund der extremen Höhe(nkrankheit), Straßenverhältnisse und Wetterbedingungen Abstand davon nehmen.