Machu Picchu, die wahrscheinlich berühmteste Sehenswürdigkeit in ganz Südamerika, gehörte natürlich auch in unser Programm. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, dort hinzugelangen, und wir entschieden uns schon vor einiger Zeit, dort hinzuwandern. Die letzten Tage waren unglaublich intensiv und wunderschön, weshalb der Inka- Trail ein absolutes Highlight der letzten Monate war. Vier Tage ging es zu den berühmten Ruinen. Während dieser Tage sahen wir jedoch auch andere Inkastätten, die nicht weniger beeindruckend waren.

Um drei Uhr morgens klingelte unser Wecker. Müde rappelten wir uns auf und saßen mit der am Vorabend kennengelernten Gruppe im Bus. Nach ca. zwei Stunden lernten wir unsere Guides und unsere Porter (Träger) für die nächsten vier Tage kennen. Genau 20 Porter, zwei Köche und zwei Wanderführer sollten sich die nächsten Tage um uns kümmern, denn auf eigene Faust den Inka- Trail zu gehen ist nicht erlaubt. Erst jetzt sahen wir, was für ein organisatorischer Aufwand hinter diesem Trek steckt. Während wir unser erstes Frühstück im Freien genossen und unsere Gruppenmitglieder kennenlernten, bereiteten die Träger ihre Rucksäcke vor. Unsere persönlichen Gegenstände, Zelte, Stühle, Tische, Schlafsäcke und Unmengen an Essen für die nächsten Tage wurden in übergroße Rucksäcke gestopft. Unsere Guides erklärten uns, dass jeder Träger die nächsten Tage ca. 30 Kilo auf dem Rücken hat. Wir hingegen nur einen kleinen Tagesrucksack.

Nachdem wir unseren Startpunkt für den Inka-Trail erreicht hatten und unfreiwillig Schutzkappen für die Wanderstöcke kaufen mussten, rannten die ersten Porter schon los. Unglaublich beeindruckend war deren Tempo. Mit gebückter Haltung, aufgrund des Gewichtes, überholten uns die Träger von Beginn an. Schließlich mussten diese das Camp vor uns erreichen, um die Zelte aufzubauen und Essen vorzubereiten. Die meisten Porter sahen so aus, als wenn das Wandern jeden Tag mühelos wäre. Wir hingegen schnauften deutlich den Berg hinauf, was auch der starken Sonneneinstrahlung zu verdanken war. Der älteste Träger in unserer Gruppe war 68 Jahre alt. Im Gegensatz zu den Anderen schnaufte er deutlich, wenn es steil bergauf ging (er war trotzdem schneller als wir). So entschieden wir uns, ihm einen Gehstock zu leihen, schließlich waren wir ein Team.

Der erste Tag war eher entspannt. Es gab oft Pausen und Wilbert und Adolfo, unsere Guides, erklärten uns vieles über die Flora, Fauna und Inkakultur. Wir bestaunten einen Kondor und entspannten bei den Stopps mit Herumliegen in der Wiese und einem typischen peruanischen Spiel, bei dem man versucht, Goldmünzen in das Maul eines goldenen Frosches zu werfen. Schon am ersten Tag sahen wir unsere erste Inkaruine Patallacta. Symmetrische Terrassen und Steinhäuser waren hier zu bestaunen. Von Weitem sahen wir außerdem bereits einen hohen Bergpass. Diesen galt es, am nächsten Tag zu überwinden. Angekommen im Camp staunten wir. Die Zelte mit unseren persönlichen Sachen waren aufgebaut. Auch ein mobiles Klo, ein Gruppenzelt und Waschschüsseln standen bereit zum Einsatz. Klatschend begrüßte uns ein Teil der Träger, nachdem wir den ersten Wandertag absolviert hatten. Dies war motivierend und unangenehm zugleich. Schließlich trugen diese das Dreifache und gingen im doppelten Tempo den Berg hinauf. Wer hatte also hier mehr Applaus verdient?  So feuerten wir die, wie Speedy Gonzales wandernden, an uns vorbei zischenden, Muskelpakete die nächsten Tage an.

Jeden Tag gab es nach dem Erreichen des Camps ein fast drei Stunden anhaltendes Festmahl. „Tea time“ nannte sich die Vorspeise, die aus Kuchen, Donuts oder aus frittiertem Gebäck bestand. Dazu gab es immer Popcorn. Eine Stunde später gab es dann auch schon Abendessen, da wir natürlich immer früh ins Bett mussten. „Ich kann jetzt schon nicht mehr“ hörten wir von fast allen Gruppenmitgliedern unseres Teams. Und schon standen sechs Platten voller Essen vor unseren Nasen. Wir konnten kaum verstehen, wie es möglich war, in den Bergen ein solches Menü zu zaubern. Aufläufe, Reis, Nudeln, Gemüse, Salate, Fleisch in allen Varianten und noch vieles mehr servierten die Köche. Es gab sogar zweimal eine Torte und die Präsentationen der Speisen konnten locker mit einem schicken Restaurant mithalten. Frittiertes, das aussah wie Alpakas, Gurken, die die Form eines Vogels hatten oder Pancakes mit einer Schokoladenaufschrift „Peru“, waren einige kreative Dekorationen. Während unserer Dinnerabende lernten wir auch schnell die internationale Gruppe besser kennen. Es waren Leute aus Kanada, China, Frankreich und England mit dabei, was es sehr spannend machte. Zusammen entschieden wir uns für den lustigen Gruppennamen „Sexy Cuy“ also sexy Meerschweinchen, den wir immer lauthals vor jedem Wandertag, im Kreis stehend, hinausposaunten.

Der zweite Tag sollte ein wenig abenteuerlicher werden. Auch körperlich war dieser anstrengender. Zehn Stunden waren wir unterwegs und hatten, sagen wir es mal so, nicht das beste Wetter. Der erste Teil zum berühmten Dead Woman Pass auf 4200 m war noch entspannt. Die Aussicht war grandios. Schnell war aber klar, die im Hintergrund aufziehenden Wolken bleiben nicht nur Wolken. Nach einem zweistündigen Abstieg zu unserem Camp fürs Mittagessen, das natürlich auch von unseren Trägern aufgebaut wurde, schüttet es plötzlich wie aus Eimern. Wir sahen uns an und wussten schnell, jetzt ist es vorbei mit dem spaßigen Wandern. Regenhose- und Jacke an, Ponchos darüber und los ging es, schließlich waren es noch vier Stunden bis zum Abendcamp. Die Träger und auch wir sahen natürlich wandernd im strömenden Regen nicht begeistert aus, jedoch mussten wir da jetzt alle gemeinsam durch. Manche hatten zudem mit der Höhe zu kämpfen, weshalb Flo einige Patienten während der Wanderung hatte. Nach dem erfolgreichen Aufstieg ging es bergab. Hier waren die wunderschönen Inkastufen der letzten Tage nicht mehr ganz so zu unserer Freunde. Jeder Stein wurde zu einer Rutsche und so einige verloren den Halt. Die Träger schien dies ziemlich kaltzulassen und mit normalen, völlig durchnässten Turnschuhen liefen sie die steilen Stufen bergab. „Was wohl die Knie nach jahrelanger Tragerei dazu sagen?“, fragte ich mich. Ich erfuhr, dass genau dies der Grund war, weshalb viele mit dem Job als Porter aufhören müssen. Im Camp angekommen, wie sollte es auch anders sein, war der Regen vorbei. Wald umgab uns und wir sahen deutlich eine Veränderung in der Vegetation, was dem Abstieg zu verdanken war. Die im Regen passierte und auf einem Berg gelegenen Ruine Sayacmarca bekamen wir endlich zu Gesicht. Mit Freude schlüpften wir in unsere trockenen Zelte und Klamotten. Was für ein Tag, tief und fest schliefen wir diese Nacht auf rund 3700 m und natürlich mit extrem vollem Bauch. Der Koch leistete wieder volle Arbeit.

Der dritte Tag war gekommen. Wir waren mit wunderschönem Wetter gesegnet, große Erleichterung in der Gruppe. Heute standen einige Inkaruinen auf dem Programm. Die Aussichten wurden spektakulär und fast 6000 m hohe Berge strahlten von weiter Ferne mit deren schneebedeckten Gipfeln. Wilbert und Adolfo gaben uns, wie jeden Tag, extrem viel Input und erzählten Geschichten über die Inkakultur. Wir machten außerdem einen Halt an der Inkaruine names Phuyupatamarca. Hier wurden wir Teil eines spirituellen Rituals, was uns Gänsehaut machte und zeigte, was für eine große Bedeutung die Spiritualität in Peru hat und vor allem für die Inka früher hatte. Geerdet ging es zu unserem letzten Camp. Dieses lag zwischen zwei wunderschönen Inkastätten namens Intipata und Winjay Wayna. Hier durften wir die Umgebung am späten Nachmittag noch selber erkunden. Wunderschöne Steinhäuser und Terrassen lagen vor uns, dahinter ein Wasserfall und Regenwald. Schöner ging es nicht. Über etliche Steinstufen erkundeten wir die Umgebung auf eigener Faust und sahen außerdem in einer Baumkrone einen Brillenbären, der entspannt sein Abendessen genoss.

Der große Tag war gekommen. Heute, am vierten Tag, sollten wir endlich Machu Picchu sehen. Schon die Tage zuvor waren spektakulär. Konnte das überhaupt noch getoppt werden? Um drei Uhr morgens klingelte der Wecker, schließlich waren wir nicht die einzigen Wanderer, die sich heute auf den Weg dorthin machten. Dann hieß es, zwei Stunden vor dem Startpunkt der Wanderung nach Machu Picchu zu warten. Anders als die Tagestouristen ging es bei uns über das Sonnentor, ein Bergpass hoch über Machu Picchu, zu der berühmten Stätte. Guide Wilbert, eine ca. 1,40 m große Sportskanone, machte uns klar, jetzt müssen wir Gas geben, um kurz die Aussicht für uns alleine zu haben. Nichts leichter als das, dachten wir uns. Anders als die meisten Wanderer sprinteten wir, wie die Verrückten, Wilbert hinterher. Wilbert wurde immer schneller und bald waren wir ganz vorne mit dabei. „Wow, ich kann sogar mit ihm mithalten“, dachte ich mir ganz stolz. Schnell kam ich jedoch wieder auf den Boden der Tatsachen, als die berühmten „Gringo-Killer-Steps“, wie sie Wilbert gerne nannte, vor uns lagen. Sehr kleine, unebene Steinstufen, die so steil waren, dass die Knie auf Brusthöhe waren, brachten uns bei diesem Tempo an das sportliche Limit. Wilbert hüpfte fast schon schwerelos hinauf und winkte uns lachend entgegen. Wir hingegen schnaufend, als ob wir ein ernsthaftes Problem hätten. Flo mussten sogar den Rucksack abschnallen, um Luft zu bekommen und ich war mittlerweile pitschnass von oben bis unten. Die letzten Meter brachten wir dann aber auch noch erfolgreich hinter uns und mit einem festen Handschlag und Glückwünschen begrüßte uns Wilbert. Er deutete auf Machu Picchu!

Wow, wir sind wirklich hier! Hunderte Male im Internet gesehen, sahen wir nun das Weltwunder mit eigenen Augen. „Fotos, wir brauchen Fotos!“. Voller Freude packten wir die Kamera aus und siehe da, der Akku leer? Was???? Worst Case, wir sahen uns beide geschockt an, es musste sich wohl unsere Kamera beim Einpacken in den Rucksack eingeschaltet haben. Dann muss das Handy herhalten. 10 % Akku, Leben am Limit. Gott sei Dank gibt es einen Stromsparmodus und nach diesem kurzen Schock, konnten auch wir endlich die Aussicht genießen und so einige wunderschöne Schnappschüsse machen. Wir wanderten im völligen Glücksrausch, bei perfektem Wetter hinunter. Die nächsten Stunden verbrachten wir mit Fotografieren, bis mein Handy nicht mehr wollte, mit dem Bestaunen der einzigartigen Umgebung und einer Führung, die uns noch mehr spannende Informationen zur Inkakultur gab. Beinahe wären wir außerdem aus Machu Picchu hinausgeflogen. Warum? Wir wussten bereits im Voraus, dass akrobatische Posen hier nicht erlaubt sind. Dazu gehörte anscheinend auch das Anheben des Partners. Flo hob mich beim Fotografieren in die Höhe und schon stand ein Securitymann hinter uns. Dieser schimpfte auf Spanisch und ich löschte vor seinen Augen die Fotos mit dieser Pose. Wilbert, unser Held des Tages, beruhigte den Mann. Wahrscheinlich nur seinetwegen wurden wir nicht aus Machu Picchu hinausgeschmissen und durften bleiben, Halleluja. Alsooooo wichtiger Tipp: NUR Posen machen, bei denen beide Beine auf dem Boden sind! KEIN SCHERZ! Nach dem zweiten Schock in Machu Picchu verhielten wir, zwei „Rowdies“, uns unauffällig.

Nach sechs Stunden Machu Picchu ging es „Heim“ nach Cusco. Erst mit dem Bus, dann mit dem Zug und dann nochmals mit dem Bus. Eine wohlverdiente Dusche, nach vier Tagen in eher unhygienischen Bedingungen, wartete auf uns. Die Freude war groß!

Was für ein einzigartiges und wunderschönes Erlebnis!

Hier gibts die Bilder zur Geschichte

Interessante Fakten

  • Das Inka-Imperium (eigentlich: Tawantinsuyo) existierte von 1438 bis 1533 in Kolumbien, Ecuador, Peru, Bolivien, Chile  bis hin zu Teilen Argentiniens.

 

  • Das Wort Inka bezeichnete die „adelige“ Elite des Reiches und Quechua das „normale“ Volk. Das Volk wurde auf 12 Millionen Einwohner geschätzt. Quechua ist bis heute noch die am weitesten verbreitete indigenen Sprache.

 

  • Die Inka-Elite versuchte sich vom Quechua Volk durch eine eigene Sprache zu unterscheiden und praktizierte bewusste Schädeldeformationen bei Kindern um sich auch physisch abzugrenzen.

 

  • Der Staat wurde als absolutistische Theokratie organisiert, der Herrscher (Sapa Inka) sah sich als Nachkomme des Sonnengottes Inti.

 

  • Es bestand zu dieser Zeit ein großes Netzwerk an gepflasterten Wegen über tausende Kilometer. Diese verbanden Dörfer, Städte und Botschaften miteinander.  Nachrichten wurden so mit Hilfe von Staffelläufer in kürzester Zeit über riesige Distanzen übermittelt.

 

  • Die Landwirtschaft wurde mithilfe der zahlreichen künstlich angelegten Terrassen betrieben. Das Mikroklima variiert zwischen den höchsten und tiefsten Terrassen, was den Anbau verschiedenster Produkte wie Kartoffeln, Quinoa, Bohnen, Mais, Avocado usw. ermöglichte.

 

  • Die Bewässerung erfolgte über Kanäle die von den höchsten Gletschern gespeist wurden.

 

  • Eine Schrift ist von der Inkakultur nicht überliefert, was Archäologen noch heute vor Rätsel stellt. Numerische Informationen wurden in Form von Knoten in Wollsträngen festgehalten (Quipu). Diese können jedoch heute von niemandem mehr gelesen werden.

 

  • Menschenopfer wurden in Zeiten politischer, sozialer oder landwirtschaftlicher Krisen gemacht. Dazu wurden Kinder, die als spirituell besonders rein galten, betäubt und auf Gipfeln begraben.

 

  • Machu Picchu war einerseits das Ziel von Pilgerreisen der Inka-Elite aber auch ein administratives Zentrum.

 

  • 1902 wurden die Ruinen durch Agustín Lizárraga wiederentdeckt. Internationale Bekanntheit erlangte die Stätte aber erst durch den Amerikaner Hiram Bingham.

 

  • Viele Gebäude wurden seit der Wiederentdeckung rekonstruiert, etwa 65 % der Stätte sind noch im Originalzustand.

 

  • Teile von Machu Picchu sind noch nicht frei gelegt und werden derzeit rekonstruiert.

     

    Machu Picchu kann mit dem Zug bzw. Bus als Tagestour erreicht werden jedoch auch mit einer Trekkingtour.

    Es gibt zwei verschiedene Trekkingtouren die nach Machu Picchu führen. Der Inka- Trail und der Salkantay- Trail.

    Der Inka- Trail muss ca. ein halbes Jahr im Voraus gebucht werden. Hier sieht man vermehrt Inkastätten.

    Der Salkantay-Trail soll landschaftlich sehr schön sein und kann spontaner gebucht werden. Hier sieht man jedoch weniger Inkastätten.

    Der Inka- Trail kann in vier oder zwei Tagen absolviert werden. Wir würden den viertägigen Trek empfehlen, da er landschaftlich wunderschön ist und über Bergpässe führt.

    Machu Picchu ist streng reguliert. Es dürfen keine akrobatischen Figuren auf Fotos gemacht werden. Die tägliche Besucheranzahl ist beschränkt.

    Es können zusätzliche Wanderungen auf den Berg Huayna Picchu und Machu Picchu unternommen werden. Auch hier gilt früh buchen. Die tägliche Besucheranzahl ist auch hier limitiert.

    Tagesauflüge nach Machu Picchu sind auf drei Stunden beschränkt. Wir hielten uns mit der Wandergruppe sechs Stunden auf (Ankunft am Sonnentor), was definitiv notwendig war.

     

    (Stand Mai 2024)

     

     

    error: Content is protected !!