Endlich echtes Indonesien

Was für ein Abenteuer. Nach einem längeren Hin und Her entschieden wir uns für einen Roadtrip mit dem Roller quer durch das wunderschöne authentische Landesinnere von Flores! Die letzten Wochen hatten wir zu viele touristische Hotspots besucht, was irgendwie ermüdend war. Doch jetzt war es an der Zeit, das echte Indonesien zu entdecken! Es ging am ersten Tag von Labuan Bajo nach Ruteng dann weiter nach Bajawa, Moni und als letzter Stopp stand Maumere auf dem Programm. Gefahren sind wir täglich zwischen vier und acht Stunden, je nach Verkehr und Straßenverhältnissen. Eines vorweg, für Rollerfahranfänger oder Ängstliche ist diese Strecke nichts, wer jedoch ein Abenteuer sucht, genau das Richtige!

Kurven, Kurven und nochmals Kurven

Was machte es also so spannend? Da waren zum einen die durchgehend extrem kurvigen Straßen. Das ständige Hineinlegen in die Kurven und das krampfhafte Festklammern am Roller machten es oft schon nach zwei Stunden anstrengend. In ewig langen Kurven ging es steil nach oben und dann wieder im Dauerbremsen nach unten und das dann den ganzen Tag, da schneidet selbst die bekannte Großglocknerstraße vergleichsweise dazu lahm ab. Solche Straßen hatten wir fünf Tage, rund 30 Stunden und 740 Kilometer durchgehend! Ab und zu war es jedoch auch schön, durch die bergige Landschaft, vorbei an den Palmen bewachsenen Hängen und vorbei an den beeindruckenden Vulkanen zu düsen, während ich mir den Wind in das Gesicht bliesen ließ.

Gefährliches Vergnügen

Auch die Straßen selbst waren vor allem am ersten Tag der absolute Wahnsinn, im negativen Sinne. Baustellen, die mit Sträuchern gesichert wurden oder fehlplatzierte Verkehrsschilder, die meistens ein HATI HATI (Achtung), darauf stehen hatten oder eben gar keine Hinweisschilder, die abschüssigen Straßen, Schlaglöcher und ungeteerten Straßen die mit Sand und losem Geröll bedeckt waren, machten es noch gefährlicher. Neben den Straßenverhältnissen musste jedoch ein besonders Augenmerk auf die anderen Verkehrsteilnehmer gelegt werden, weshalb Flo jetzt sicherlich einen Orden im Rollerfahren verdient hat.  Riskante Überholmanöver, besonders in den Kurven, voll beladene LKWs, die die Kurven schnitten und plötzlich auf der eigenen Spur entgegenkommender Verkehr, waren Erlebnisse, die uns beide täglich mental forderten. Und weil es noch nicht genug war, kamen auch noch tierische Verkehrsteilnehmer, wie Kühe, Ziegen, Hühner, deren Küken und streunende Hunde hinzu und die für Asien typischen, mitten auf der Straße rumliegenden Hindernisse, wie einzelne Flip-Flops, diverser Plastikmüll, Bambusstämme, Holz, riesige Steine oder einfach Sperrmüll. Bei all den Dingen war es nicht verwunderlich, dass Verkehrsunfälle hier zur Tagesordnung gehören. Leider sahen auch wir mit eigenen Augen, wie eine Kollision zwischen Roller und LKW böse enden kann. Nach diesem Anblick waren wir noch vorsichtiger und hatten natürlich unsere Zweifel, ob diese Fahrt die richtige Entscheidung war.   

Frei wie ein Vogel und eine Fahrt fürs Herz

Nach langer Diskussion entschieden wir uns aber, unsere Reise im langsamen Tempo fortzusetzen. Zum Glück, denn mit dem Roller hatten wir das Gefühl, den Menschen in Indonesien viel näherzukommen. Je weiter wir vom touristischen Labuan Bajo entfernt waren, desto schöner und echter wurde es. Wir trafen auf der Strecke nur ein weiteres Duo, das sich durch die Insel mit dem Roller „kämpfte“, ansonsten waren wir jeden Tag ganz auf uns alleine gestellt, was ein absolutes Freiheitsgefühl war. Durch die letzten Tage lernten wir die Schönheit der Menschen kennen und lieben und waren beeindruckt von der Herzlichkeit und Offenheit, die wir so noch in keinem anderen Ort in Indonesien gesehen hatten. Obwohl die Mehrheit der Menschen in einer extremen Armut lebt und mit einem Tageslohn zwischen ein bis zwei Euro zurechtkommen muss, waren sie uns gegenüber ohne Vorurteile, ehrlich, respektvoll und sehr interessiert. Die neben der Straße lebenden Dorfbewohner begrüßten uns stets freundlich, es wurde uns zugewinkt oder ein aufrichtiges Lächeln geschenkt. Die in Uniform gekleideten Kinder schrien uns zu, mit „Miss“ oder einem einfachen „Hello“, sie gaben uns ein Highfive beim Vorbeifahren, liefen mit dem Roller mit oder starrten uns einfach neugierig an. Einmal überholten uns sogar zwei Rollerfahrer, mit deren in Burka gekleideten Frauen auf dem Rücksitz und begannen während des Vorbeifahrens mit uns ein Gespräch aufzubauen. Wer seid ihr? Wohin soll es gehen? Woher kommt ihr? Nach dem Beantworten der Fragen und einem anfeuernden Hupkonzert verabschiedeten sich diese mit durchgedrücktem Gas winkend von uns.

Zu Gast in einer fremden Welt und charmante Stopps

Wenn wir nicht mit dem Knüpfen von Kontakten beschäftigt waren, sahen wir uns einfach die tolle und abwechslungsreiche Landschaft an. Dschungelbewachsene Berge, Reisterrassen, die gerade in einem leuchtenden Grün strahlten und Vulkane, die einen mächtigen Eindruck hinterließen und einem die zerstörerische Kraft nur erahnen lassen, lagen direkt vor uns. Extrem interessant war es zudem, das Leben der Einheimischen zu beobachten. Kinder, die mit Müll spielten, Leute die am Straßenrand Kokosnussschalen, um daraus Kohle zu machen, verbrannten, Händler die barfuß das frische Gemüse und Obst in einfachen Holzhütten anboten oder Hühner an den Krallen haltenden vor sich her wirbelten, lokale Restaurants, die sogenannten Warungs, die hungrigen neben der Straße eine Zuflucht boten, Kinder die auf den vor den Häusern platzierten Grabsteinen schliefen und Frauen die riesigen Säcke Reis auf den Kopf trugen, waren einige der unzähligen Eindrücke der letzten Tage. Als wir für eine Kaffeepause Halt machten, durfte ich selbst erfahren, wie schwer so ein Sack voller Reis auf dem Kopf ist. Die Einheimischen fanden es mindestens genauso komisch, mir zuzusehen wie ich selbst, als ich versuchte, diesen ohne Hilfe meiner Hände zu tragen. Gefühlt unmöglich! Auf dem Weg bis nach Maumere fanden wir immer wieder einzigartige Plätze für eine Verschnaufpause. Diese waren mehr als notwendig, denn mir schliefen vom starren Sitzen immer wieder sämtlich Körperteile ein; während Flos Konzentration im Laufe des Tages stetig abnahm. Wir fanden beispielsweise ein Restaurant mit einem herrlichen Blick auf den Vulkan Inerie, eine Grillerei nähe des Blue Stone Strand, die frischen Fische und Kokosnüsse servierte und kleine Warungs, die uns mit Suppennudeln und frisch gemahlenem Café versorgten.

Besondere Gastgeber

Aber auch neben den Fahrten selbst durften wir einzigartige Momente erleben.  In Ruteng beispielsweise war eine liebevolle Familie, die uns nach der wahrscheinlich schlimmsten und gefährlichsten Strecke mit offenen Armen und frischen Brötchen empfing. Abends ging es mit deren fünfjährigem Sohn, der unser Herz schnell eroberte, auf einen Spaziergang durch die Reisterrassen bei Sonnenuntergang und im Anschluss begleitet uns der Hausherr zu einer kleinen Kaffeerösterei.

In Bajawa lernten wir einen deutsch sprechenden Mann kennen, der spontan einen Schlafplatz für uns hatte. Das Haus war, so wie er selbst, nicht im gepflegtesten Zustand. Den Geruch des aus Spanplatten und Wellblech bestehenden Hauses werden wir wohl nie vergessen. Aber nachdem unsere Klamotten selbst nicht nach Blümchen geduftet hatten, da wir die letzten Tage nur mit einem kleinen Rucksack zu zweit unterwegs waren, war dies nur halb so wild. Neben dem Geruch bleibt mir sicherlich noch lange die Geräuschkulisse im Gedächtnis, denn obwohl Bajawa ein verschlafener Ort ist, war es hier rund um die Uhr immer laut. Musik dröhnte aus allen Häusern, Hähne krähten die ganze Nacht und Autos fuhren mit dröhnenden Motoren gefühlt direkt in unser Schlafzimmer. Kaltes Wasser zum Duschen und schlechtes Essen in jedem Restaurant machten zudem diesen Ort nicht zu einem Highlight. Das Highlight war viel mehr die wunderschöne Umgebung.

Erfolglose Vulkanbesteigung und ein besonderer Moment

Schnell war für mich klar, den Vulkan Inerie zu besteigen. Um zwei Uhr morgens aufstehen, was soll’s! Diese Wanderung verlief jedoch alles andere als geplant, denn unser Guide gab bereits nach zehn Minuten aus Erschöpfungsgründen auf und ließ uns im Finstern stehen. Ein anderer „Guide“ passierte den Weg. Wir kannten ihn bereits vom Ort und erinnerten uns an die Aussage, dass er nie wandern geht. Scheinbar fand er einen Touristen, der ihm genügend Geld dafür bot. Er selbst wirkte planlos und alles andere als erfahren. Was blieb uns anderes übrig, als mit ihm mitzugehen? Wir hangelten uns also den 45 Grad steilen Geröllhang hinauf, hielten uns an einzelnen Wurzeln fest, um Halt zu finden und einen Absturz zu vermeiden. Jeder Tritt musste hier sitzen. Ich bekam Bauchschmerzen bei der Aktion. Was, wenn er den Weg gar nicht kannte? Und was machen wir hier eigentlich ohne richtigen Guide? Es ist stockfinster! Und der Weg ist gefährlich! Gott sei Dank siegte die Vernunft und wir beschlossen beide bei der oberen Hälfte Halt zu machen und den Sonnenaufgang abzuwarten. Unseren Guide Nummer Zwei schien das nicht groß zu stören, er hatte immerhin mit der anderen Touristin Geld zu verdienen. Und weg war er! Da saßen wir mitten auf einem 2000 Meter hohen Vulkan im Steilgelände. Wir fanden einen Platz zum Sitzen und packten uns warm ein. Wir sahen unseren Atem, so kalt war es. Erst jetzt bemerkten wir den unglaublich schönen Sternenhimmel. Sternschnuppen zogen ihren Schweif über den Himmel und wir waren glücklich über unsere Entscheidung. Nach einem langen Warten kam endlich die Sonne heraus. Der Sonnenaufgang war spektakulär, schöner ging es nicht! In einem grellrot zeigte sich der Himmel und im Hintergrund der Vulkan. Was für eine Kulisse! Was dann folgte, erzähle ich euch gerne zu Hause im Detail. Hinab ging es in einer Lavarinne. Wie beim Skifahren glitten wir die Steine hinunter und schlugen den ein oder anderen Purzelbaum, letztendlich kamen wir jedoch heil an und glücklicher als jemals zuvor!

Unberührte Landschaften und neue Freunde

Nach einem Stopp am Kelimutu Vulkan und einem dortigen vom Einheimischen zelebrierten Opferungsfest, hieß es vorbei am Blue Stone und Kokonut Strand und auf nach Maumere. Wie man sich vorstellen kann, waren wir extrem stolz, die ganze Strecke gemeistert zu haben. Die letzten Tage zählen sicherlich zu den schönsten und echtesten Erlebnissen, die wir auf Weltreise erleben durften. In Maumere selbst verbrachten wir einige Tage in einem charmanten Bungalow am Meer, lernten Phosie und Farid kennen und genossen den gemeinsamen Ausflug auf die Barbi und Pangabatang Inseln. Türkises, fast weißes Wasser und bunte Korallen ladeten zum Schnorcheln und üben unsere Freediverkünste ein. Was für eine Woche!

 

Hier gibts die Bilder zur Geschichte

Interessante Fakten

Eine One-Way Rollervermietung ist von Maumere sowie von Labuan Bajo aus möglich. Meist muss eine Kaution hinterlegt werden. Eine Reservierung sollte im Voraus erfolgen, da nicht jeder Rollerverleih eine One-Way Vermietung anbietet.

Für die Strecke von Labuan Bajo nach Maumere ist mindestens eine Woche einzuplanen.

Der Vulkan Kelimutu hat beschränkte Öffnungszeiten, da er zur Zeit aktiv ist. Genauers kann bei dem jeweiligen Homestay erfragt werden (Stand 2024). Der beste Ausgangpunkt um den Vulkan Kelimutu zu besichtigen ist Moni.

Meist ist im Landesinneren keine Geldabhebungen möglich, deshalb genügend Bargeld mitführen!

Der Flughafen in Maumere war bei uns, aufgrund eines aktiven Vulkans, geschlossen. Vorab informieren. Ausweichmöglichkeit ist der Flughafen Ende.

 

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