Unsere letzte Station mit Karo zusammen war El Chaltén. Bei der riesigen Auswahl an Wanderungen und Klettermöglichkeiten kann man schon mal überfordert sein. Wir entschieden uns dann letztendlich für den Huemul Trek, eine anspruchsvolle viertägige Wanderung die Flussüberquerungen, Seilrollen und eine Moränen bzw. Gletscherüberquerung beinhalten sollte. Angekommen, waren wir einen ganzen Nachmittag mit den Vorbereitungen beschäftigt,  denn diese Wanderung ist abgelegen. Keine Hütten, keine Straßen und keine Menschen. Der letzte Punkt traf leider nicht zu. Das hieß für uns Essen, Trinken und Zelt einpacken. Auch eine Genehmigung benötigten wir. Diese war so detailreich, dass sogar die Blutgruppe angegeben werden musste. Uns raubte die Beantragung die letzten Nerven nachdem das Internet (nur) an der Bushaltestelle ging und zwar Draußen im windigen Nieselregen. 

Vollgepackt wie drei Schildkröten starteten wir dann endlich am nächsten Morgen. Mit einem leichten Halskratzen bemerkte ich, dass irgendwas nicht ganz stimmte. 17 Kilometer und einige Höhenmeter später erreichten wir aber nach sechs Stunden unser erstes Camp, dass nach einer Stunde ziemlich voll wurde. Der erste Tag war von einer gigantischen Aussicht und Wind mit bis zu 50km/h geprägt. Nachdem wir aber einen idealen Zeltplatz gefunden hatten, hieß es in einer kleinen Blechhütte mit dem Gaskocher ein Abendessen zaubern. Eingepackt mit dicken Jacken und Mützen gab es ein Spaghettifestmahl und als Vorspeise eine Knorr-Fertigsuppe. Gut, diese erreichte nicht gerade den ersten Platz im Ranking des besten Campingessens, war jedoch nach einem langen kalten Tag genau das Richtige. Neben uns Ivan. Dieser braungebrannte Tauchlehrer aus Griechenland bereist die Welt und zwar jedes Jahr für sechs Monate am Stück. Er wusste wie man aus Camping Glamping machte und zauberte ein etwas besseres Essen mit seinem Minigaskocher. Uns trieb es den Neid ins Gesicht als er hausgemachte Salsa, dazu frisch angebratene Zwiebeln und ein bisschen Thunfisch als Topping auspackte. Großzügigerweise ließ er uns mitessen, sodass wir mehr als zufrieden schlafen gehen konnten und uns davon mitnahmen, dass immer nur Fertigsoßen auch nicht die Lösung ist.

Leider merkte ich, dass es gesundheitlich stetig bergab ging und ich erinnert mich wieder an die Frau im Schlafsaal, die rumhustend neben mir lag. „Wir warten mal ab, vielleicht sieht’s morgen ja besser aus“ redete ich mir ein. Was soll ich sagen , es sah nicht besser aus. Schüttelfrost, Fieber und eine nicht gerade angenehme Nacht verbrachten wir zu Dritt im Zelt. Im Hintergrund immer die tosenden Geräusche des Windes, der die umliegenden Bäume gewaltig zum Schaukeln brachte. Flo war in der Nacht beschäftigt meine Schüttelfrostattacken in Schach zu halten und konnte so auch selbst kaum schlafen. Ich schweißgebadet und beide völlig übermüdet entschieden wir uns schweren Herzens gegen ein weitergehen und für den 17 km Weg wieder zurück nach El Chaltén. Karo hatte in Ivan den idealen Begleiter gefunden und konnte die nächsten Tage den Trek erfolgreich beenden, was uns sehr freute. Den Bildern und Erzählungen nach ist der Huemultrek zwar längst kein Geheimtipp mehr, jedoch die Aussicht auf das südpatagonische Eisfeld gigantisch. 

Bei uns sahen die nächsten Tage nicht sehr spannend aus und Flo konnte endlich wieder einmal einen Patienten behandeln, nämlich mich. Genau eine halbe Stunde nach dem langen und ziemlich beschwerlichen Weg zurück, lag ich mit 39 Grad Fieber, Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen und Husten im Bett und war mehr als froh umgekehrt zu sein. Wir lernten El Chaltén selbst so viel besser kennen, als uns lieb war, was dem ständig notwendigen Umziehen in eine neue Unterkunft geschuldet war. Aber wenigstens mit einer Aussicht auf den beeindruckenden Fitz Roy. Am letzten Tag konnten wir dann noch die Wanderung zum Laguna Torre, zu dem berühmten Berg Cerro Torre machen. Dieser versteckte sich hinter einer Wolkendecke als wir den Gletschersee erreichten. Wir fanden jedoch ein wohlverdientes sonniges Plätzchen und nickten beide zufrieden und müde von den letzten Tagen dort ein. Leider konnten wir dort nicht ewig bleiben und nachdem wir vergeblich drei Stunden auf die letzte Spitze des Cerro Torre warteten, ging es zurück nach El Chaltén. Und siehe da endlich, auf dem Weg zurück, sahen wir den Cerro Torre kurz in seiner vollen Pracht. Wer dann den Film „Der Alpinist“ gesehen hat kann verstehen warum wir diesen Berg so gebannt anstarrten.

Aber jetzt hieß es das Krankenlager verlassen und Adios zu El Chaltén zu sagen. Diesen Ort verbinden wir nicht mit den besten Erinnerungen, jedoch verlassen wir ihn trotzdem mit einem weinenden Auge. Wir verabschiedeten uns von unserem dritten Reisebuddy und machten uns (wieder gesund) auf den Weg nach Bariloche. Wir genießen hier ein bisschen Alltag. Die letzten Tage waren zwar für ein Abenteuertagbuch sehr langweilig, jedoch für uns mehr als spannend und wertvoll. Ein eigenes gemütliches Apartment, frisch gewaschene Wäsche, gewohntes Essen kochen, beim benachbarten Bauernmarkt einkaufen und Nachbarn haben die einen mit leckeren Erdbeeren und Kuchen versorgen. Diese Dinge bekommen im Reisealltag eine ganz andere Bedeutung. Wir tanken Energie für die nächsten Wochen, denn wir haben so einiges vor. Was genau das seht ihr bald! Bis dahin genießen wir noch ein letztes mal argentinischen Rotwein mit Steak!  

 

 

Hier gibts die Bilder zur Geschichte

Interessante Fakten

  • El Chaltén ist ein kleiner Ort Nahe des Nationalparks Los Glaciares. Viele Kletterer und Bergsteiger verbringen hier mehrere Wochen/Monate um ein perfektes Zeitfenster für deren „Projekte“ zu haben.
  • Die berühmtesten Berge in El Chaltén sind der Fitz Roy (3406m) und der Cerro Torre (3128m) Diese zählen aufgrund der Schwierigkeit selbst und der widrigen Wetterbedingungen, zu extrem schwer zu besteigenden Bergen.  
  • Eine berühmte Kletterroute ist die Fitz Roy Traverse. Eine 5000m lange Kletterroute mit ca. 4000hm. Die berühmten Kletterer Alex Honnold und Tommy Cadwell schafften diese Route 2014 zum ersten Mal.

 

Es können verschiedenste Wanderungen direkt von El Chaltén aus unternommen werden.

Zu den schönsten zählen die Laguna Torre, Laguna de Los Tres, aber auch der Huemul Trek.

Das WLAN bzw. Internet ist in El Chalten meistens ein Problem.

Für bestimmte Wanderungen müssen online Genehmigungen ausgefüllt werden. Den QR Code für die Onlineregistrierung findet man an der Bushaltestelle oder der Rangerstation. Dies dient nur der eigenen Sicherheit! Nach Beendigung der Wanderung muss per Email an die jeweilige Rangerstation geschrieben werden.

Die Rangerstation weiß gut über die aktuellen Wetterverhältnisse und Weginformationen bescheid.

El Chaltén ist ein teures Pflaster! Oft wird keine Kartenzahlung akzeptiert, sodass genug Bargeld mitgeführt werden sollte.

 

 

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