Turbulent ging es gefühlt eine halbe Ewigkeit nach Buenos Aires. Unser riesiges Flugzeug wurde über dem Atlantik ordentlich hin- und hergeschüttelt, sodass sogar ich wieder das Beten lernte. Mit einem kleinen Umweg, aber ohne Verspätung kamen wir nach über 24 Stunden und 17 Stunden Flugzeit an. Unsere Unterkunft war ein charmantes Hostel im Altbaustil. Der Besitzer begrüßte uns mit einem fröhlichen Hola! Schnell bekamen wir von ihm eine grobe Beschreibung, um eine kleine Ahnung von dieser gigantischen Metropole zu bekommen. Wir merkten gleich, hier kann einiges entdeckt werden! 

Glücklich über die genaue Beschreibung und was uns die nächsten Tage erwartet, bekamen wir einen kleinen Dämpfer. Unser Zimmer hatte keine Klimaanlage, defekt! Bei fast 40 Grad wäre diese mehr als notwendig gewesen, das hieß für uns die nächsten drei Tage abnormal schwitzen. Von erholsamen Schlaf konnte hier nicht gesprochen werden, jedoch  versetzte einen die Hitze in eine ermüdende Trance, was will man mehr. Die fehlende Erholung hielt uns aber nicht vom Sightseeing ab. Und so starteten wir bereits am Ankunftstag mit dem Besichtigen des Stadtteils Recoleta. Hier ist einer der spektakulärsten Friedhöfe der Welt, voller beeindruckender Mausoleen gelegen. Durch die unglaubliche Hitze hielt sich der Besuch jedoch zeitlich in Grenzen und wir machten uns schnell auf zum Mittagessen. Es gab ganz typisch argentinisches Steak mit Kartoffel und dazu Rotwein. Dank Flo war die sprachliche Barriere keine Hürde und wir genossen unser Essen im Kühlen.

Geldwechseln mussten wir auch noch und da es hier sicherheitstechnisch ein bisschen anders als in Deutschland ist, mussten wir erst einmal den versteckten Eingang zur Wechselstube finden. Mit einem Blick nach links und rechts und kurzem Anleuten standen wir, wie in einem Film, vor einen Mann hinter Gittern. Er schob uns das gewechselte Geld in Bündeln zu und wir waren schwer damit beschäftigt all die Scheine irgendwie in meine Bauchtasche zu stopfen. Grund für die beträchtliche Menge an Geldscheinen ist die seit Jahren anhaltende extreme Inflation. Nach einem kurzen Stopp bei der Eisdiele ging es aufgrund unserer Geldmenge schnurstracks zurück in unsere Unterkunft. Heute ließen wir es dann auch gut sein, da unser Jetlag oder vielleicht auch der unendlich lange Flug seine Spuren bei uns hinterlassen hatte.

Im Hitzekoma langen wir mehr als 14 Stunden im Bett und starteten unseren ersten richtigen Sightseeing Tag mehr oder weniger ausgeschlafen. Mit knurrendem Magen freuten wir uns auf ein Frühstück und stellten schnell fest, Argentinier frühstücken nicht ganz so gerne und auch nicht all zu früh, was für uns warten hieß. Als dann nur kleine Croissants und Café vor uns standen war mein deutscher Magen ein wenig enttäuscht. 

Heute sahen wir uns mit Hilfe der U-Bahn das Zentrum der Stadt an. Sogar diese Fahrten waren nicht langweilig. Irritierend waren die Sockenverkäufer in der Bahn, die an jeder Haltstellte ihre Ware einfach auf den Schoss der Leute liegen ließen und im Anschluss, nach nicht erfolgreichem Verkauf, wieder einsammelten. Am Parlament angekommen staunten wir nicht schlecht, als eine ganze Reihe an Polizisten und ein Sondereinsatzkommando davor standen. Unzählige Wägen mit Plakaten und bereits einige Leute die sich versammelten sahen wir. Später erfuhren wir von den Protesten die zu dieser Zeit stattfanden und den Grund hierfür, den man den Nachrichten entnehmen konnte.

Vorbei an unzähligen Obdachlosen, welche die Straßen von Buenos Aires zeichneten, ging es zu einem der  Wahrzeichen der Stadt. Den Obelisco und im Anschluss zum Teatro Colon, vorbei an etlichen Leuten die einem Geldwechseln auf der Straße anboten und weiter zu einem Friseur für Flo. 

Hier lernten wir Roberto kennen. Ein stylischer Brasilianer der seit längerer Zeit hier lebte. Zu unserem Glück lud er uns zu einem Couchsurfingtreffen diese Woche ein, was uns extrem freute. Zu Fuß schlenderten wir weiter über den schönen Platz Plaza de Mayo und dann in das Viertel San Telmo. Wunderschöne bunte und charmante Häuser, Kopfsteinpflaster, bunte Blumen, kleine Bäume die Schatten spendeten und ein Tango tanzendes Pärchen sahen wir hier. 

Mittags gab es wieder, was auch sonst, Steak mit scharfer Sauce. Ein extrem lustiger und lieber Kellner begrüßte uns als wir ein sehr dunkles, mit Fußballtrikots bis über die Decke geschmücktes Restaurant betraten. Der Besitzer war ein alter Mann. Mit seinen kugelrunden Bauch und der viel zu stark gegeelten, langen Lockenpracht sah er ein bisschen aus wie ein Fußballtrainer der in die Jahre gekommen war. Mit einem Schluck Wein stießen wir an und überrissen endlich „Wir sind in Südamerika, Jipi!“ Der Kellner machte uns noch glücklicher, als er uns das Steak brachte und es ganz stolz nur mit einen Löffel schneidete, weil es so zart war!  Ein bisschen angeschwipst vom Rotwein, sahen wir uns den San Telmo Market an. Hier kann, wie gefühlt in ganz Buenos Aires geschlemmt werden was das Zeug hält und das ein oder andere wirklich schöne Schmuckstück für zu Hause gefunden werden! 

So schön es hier auch war, so komisch und unschöner wurde es ein paar Ecken weiter. Der Weg nach Hause führte uns durch Straßen die wahrscheinlich Nachts vermieden werden sollten. Leute die aus der Mülltonne krochen und zwielichte Personen bei denen wir sehr intensiv Blicke, aufgrund meiner Bauchtasche, ernteten. Wir waren mit unserem Eindruck nicht alleine, so ließen uns zwei nervöse Rentner, mit stark festgekrallten Händen an deren Taschen,  vorbei. Man merkte, dass es für sie deutlich unangenehm war wenn jemand hinter ihnen ging. Wir verstanden das, sehr sogar! Mit offenen Augen machten wir uns auf den Weg zum Puerto Madero Viertel in Hafennähe das voller moderner Hochhäuser war. Kurz vor dem Hitzekollaps ging es aber weiter zur Unterkunft. Kurze Verschnaufpause und schon trafen wir uns mit Leo. Eine Bekanntschaft von Couchsurfing. Der Tangolehrer gab uns für ein paar Pesos eine Tanzstunde in einem Kulturzentrum.  Dort sahen wir wie es aussehen könnte, wenn man Tango beherrscht. Aber auch moderne Tänzer sahen wir. So war es für uns gar nicht so einfach sich auf die eigenen Schritte zu konzentrieren, während sich Breakdancer neben uns am Boden umherwirbelten. Es ist nicht so schwer, versicherte uns Leo, der seit fast zwanzig Jahren Tango tanzt. Ein paar Grundschritte und Haltungsübungen später, lernten wir unsere erste Tanzkombination. Flo sah mich durchwegs mit starrem Blick an, an dem man genau sehen konnte dass er jeden Schritt 1,2,3,4…,Kreuz 5,6 zählte und sein Gehirn gerade auf Höchstleistung lief. Für mich war das überkreuzen der Beine und das halten der Balance nicht ganz einfach. Nach einer guten Stunde ließen wir es dann auch gut sein und waren stolz ein paar Schritte gelernt zu haben. Argentinischer Tango gehört sicherlich nicht zu unseren Lieblingstänzen, aber einen Versuch war es wert. Und wer weiß vielleicht schwingen wir nochmals das ein oder andere Tanzbein in Argentinien! Wir üben bis dahin noch ein bisschen!

Diese körperliche Verausgabung musste natürlich mit Essen ausgeglichen werden. In einer Bar gab es Salat und Bier. Hier waren wir leider nicht ganz ungestört. Obdachlose kamen immer wieder und bettelten uns um Geld an. Ein Anblick der trauriger Weise hier nicht überraschend ist. Nur mit deutlichen „No señor!“, bekamen wir wieder unsere Ruhe. 

Genug von der Sauna im Hostel! So ging es in ein kleines gemietetes Einzimmerapartment. Dort hatten wir wieder ein bisschen Alltag mit Wäsche waschen, Kochen und Frühstück „zu Hause“. Um die Ecke war eine Pizzeria die zum niederknien war. Dort waren wir sogar zweimal, wir konnten nicht anders. Der Besitzer erzählte uns von der derzeitigen, schwierigen wirtschaftlichen Situation und wie es ist hier zu leben und zu arbeiten. Nach dem Besuch der ein oder anderen Parks machten wir uns am Abend auf den Weg zu dem Couchsurfingtreffen. Hier waren fast alle Länder vertreten und wir lernten ein paar echt liebe Leute kennen. Generell ist die Mentalität in Argentinien so, dass schnell Freundschaften geknüpft werden und jeder jedem helfen will. Zur Begrüßung bekommt außerdem jeder ein Küsschen auf die Wange. Die Gruppe war hochmotiviert und wollte nach dem Schließen der Bar weiterziehen, wir entschieden uns für das Bett. Viel zu müde waren wir von den Tagen zuvor. Roberto und die Anderen verabschiedeten sich von uns mit einen nicht gerade beruhigenden Hinweis „It is a little bit dangerous“! Da standen wir in der dunklen Gasse. Am Straßenrand standen zwei Typen die so aussahen als wären sie aus einem Mafiafilm entsprungen. Schnell bestellten wir unser Taxi und gingen in eine andere belebtere Ecke. Hier fühlten wir uns sicher und schafften es so ohne besondere Vorfälle in unsere Unterkunft.

Die Tage danach bestanden aus nicht so leckeren selbst gekauften, aber billigem Frühstück, laufen bei 40 Grad Hitze (das jedoch nicht empfohlen werden kann), Schlemmen der gekauften Ravioli die auch für eine ganze Woche gereicht hätten,  der Besichtigung des Museums für bildende Künste und des Stadtteils La Boca. Hier war ein regelrechter Touristenauflauf zu sehen. Ein Restaurant nach dem anderen und Unmengen an Souvenirläden. Der Stadtteil ist für seine aus Blech geformten und bunt angemalten Häuser bekannt. Die recht schöne Außenfassade täuscht jedoch. Warf man einen genaueren Blick dahinter, sah die Realität ganz anders aus. Hinter den Fassaden sind nur Baracken in denen die Anwohner schlafen und so deutlich die Armut der Leute aufzeigte. Auch die Taxifahrt nach Hause zeigte uns, dass es keine gute Idee wäre abseits der Touristenpfade rum zu stampfen. Häuser, die kaum aus solche bezeichnet werden können, Leute die auf den Straßen lagen und uns Blicke zuwarfen die einen kein gutes Bauchgefühl gaben und Müll der die Straßen bedeckte. Während Flo seine Spanischkenntnisse mit Hilfe des Fahrers ein wenig auffrischte, betrachtete ich die erschreckend traurige und arme Gegend. Da machts es plötzlich, Peng! „Was war denn das?“ fragte ich erschrocken Flo.  Was sich für mich wie ein Schuss anhörte, betitelten wir einfach als ein Auspuffproblem und ließen die Gegend erleichternd hinter uns.

Da unsere Flugpläne sich ungewollte geändert hatten, blieben wir noch einen Tag länger in Buenos Aires. Gott sei dank bekamen wir von unserer Unterkunft einen Sekt,  auf Grund des nicht funktionierenden Aufzugs in den neunten Stock. Wir sahen es als Trainingseinheit und freuten uns über das Geschenk. Dieser musste herhalten als wir gestresst versuchten unsere Reisepläne neu zu organisieren. Zum Abschluss ging es noch in das Reserva Ecologica, ein Landschaftsschutzgebiet direkt am Meer und Buenos Aires zeigte sich noch einmal von seiner besten Seite.

Jetzt geht es nach Iguazu und wir sehen uns einen der größten Wasserfälle auf dieser Welt an, wir sind jetzt schon gespannt!

Hier gibts die Bilder zur Geschichte

Interessante Fakten

  •  Die Hauptstadt Argentiniens, Buenos Aires hat ca. 15,6 Millionen Einwohner, die sogenannten Porteños (Stand Februar 2024).
  • Die Währung in Argentinien ist der argentinische Peso. Da in diesem Land eine enorme Inflation herrscht, schwanken die Umrechnungspreise in Euro extrem.
  • Der Essensrythmus der Argentinier kann mit Europa kaum verglichen werden. So wird meist es um 11 Uhr ein kleines Frühstück zu sich genommen, Mittag zwischen 13-15 Uhr gegessen und das Abendessen ist erst oft nach 22 Uhr.
  • Argentinien ist berühmt für seine Parillas, Restaurants die gegrilltes Fleisch anbieten. Aber durch die hohe Zahl an italienische Einwanderer sind auch Pasta, Pizza und Eis in der Essenskultur verbreitet.
  • Typische Speisen die man probiert haben sollte sind: Choripan- Ein Brötchen mit einer Grillwurst, Empanadas- Gefüllte Teigtaschen, Chimichurri- Salsasoße, Provoleta- Grillkäse, Alfajores- Kekse mit verschiedener Füllung, Dulce de leche- Süßer Aufstrich aus Kondensmilch und Karamel.
  • Der argentinische Tango aber auch der Fußball gehört zur Lebenskultur der Argentinier.
  • In Argentinien wird neben ein paar Brocken Englisch, Spanisch gesprochen. Beispielsweise:

-Hola – Hallo 

-Qué tal – (wie gehts?)

-muy bien – (sehr gut)

-Buen dia (Guten Tag) – das in Spanien übliche „Buenos Dias“ wird hier nicht verwendet

– Hasta Luego (wörtich: bis später) als Verabschiedung auch wenn man nicht       erwartet sich wiederzusehen (z.B.: im Taxi)

-Gracias, Muchas Gracias, Muchissimas Gracias – Danke und seine Steigerungsformen

-muy amable – (sehr liebenswert) – wird in Buenos Aires auch häufig verwendet um Dankbarkeit/Zustimmung zu signalisieren

Tipps für mehr Sicherheit in Buenos Aires:

Wertgegenstände im Hotelzimmer lassen oder nicht offen damit rumlaufen.

Wenn diese mitgenommen werden- Rucksack vorne tragen, Hand an die Tasche und Aufmerksam sein.

Abends dunkle und unbelebte Gasse vermeiden.

Gewisse Viertel wie La Boca (Nachts und abseits der touristischen Straßen) sollte generell gemieden werden!

 

Motto unserer Südamerikareise.

 

 

Wie hoch der Berg auch sein mag, es gibt immer einen Weg an die Spitze.

 

 

 

 

 

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